asdf
 

Musik-Gruppenreisen

STICH-WORT

24/08/15 In der letzten Festspielwoche geht es traditionellerweise so richtig los mit den Gastorchestern, und das hat natürlich seinen Grund: Ende August gehen die Ensembles frisch geurlaubt auf Reisen. Wir haben uns umgesehen, auf der Hauptlinie Luzern-Salzburg-Grafenegg und ein wenig drüber hinaus.

Salzburg ist heute und morgen Dienstag (24./25.8.) nur eine von acht Stationen des Boston Symphony Orchestra, das erstmals unter seinem seit einer Saison amtierenden Chefdirigenten Andris Nelsons auf Europa-Tournee ist. Am Samstag und Sonntag waren sie in London. Nach Salzburg gibt es einen Ruhetag, und dann geht es weiter nach Grafenegg (27./28.8.), Luzern (30./31.8.), Mailand (1.9.), Paris (3.9.), Köln (4.9.) und Berlin (5.9.). In den Koffern führt man die Noten für drei Programme mit sich.

Andris Nelsons ist in Riga geboren, aber in Lettland macht nicht er Station, sondern sein Kollege Zubin Mehta mit dem Israel Philharmonic Orchestra: Dessen Tournee-Auftakt in der Ostsee-Haffstadt Jurmala am 20. August fiel in eine Zeit da man dort gerade gut baden konnte (wobei die Musiker aus Israel freilich andere Meerestemperaturen gewöhnt sind). Grafenegg haben sie hinter sich, auch eine Station in Ljubljana, wenn sie am Donnerstag (27.8.) Große Festspielhaus kommen. Dann geht es eilends weiter in die Schweiz, nach Luzern (29.8.) und Gstaad (30.8.). Wären die Damen und Herren Schachspieler, würde man von Rösselsprüngen reden: Am 31. August und 1. September ist man in Bukarest, am 3. in Armeniens Hauptstadt Jerewan, dann geht es wieder zurück nach Bonn (5.9.), nach Berlin (6.9.), einen weiteren Katzensprung ins polnische Wroclaw und dann nach Italien (Mailand und Rimini). Das geht sich alles locker aus bis 9. September. Über den ökologischen Fußabdruck einer solchen Tournee denken wir lieber nicht nach.

Strapaziös ist all das für die Musiker, klar. Aber sie tun uns nicht leid, es gehört zu ihrem Job. Vielleicht ein wenig Erbarmen sollte man aber doch mit dem Dirigenten Herbert Blomstedt haben: Der Knabe ist immerhin 88 Jahre alt! Mit dem Gustav Mahler Jugendorchester legt er dieser Tage eine ansehnliche Kilometerzahl zurück. Am 19. August ist es in Bozen losgegangen, dann gleich weit in den Süden an die Amalfi-Küste nach Ravello. Gestern Sonntag (23.8.) war man in Luzern, heute Montag (24.8.) ist man in der Dresdner Frauenkirche. Am Mittwoch (26.8.) also die Salzburger Felsenreitschule, am Abend darauf das Amsterdamer Concertgebouw und wieder einen Abend später im Kloster Eberbach am Rhein. Wie es dort aussieht, weiß das Kinopublikum von Umberto Ecos „Der Name der Rose“. In dem Fall ist das Rheingau Musik Festival für das Konzert in der Basilika verantwortlich. Dann ein vergleichsweise sanftes Ausklingen der Jugendorchester-Tournee in Südtirol (Bozen, 30.8.) und im Friaul (Pordenone, 31.8.).

Ein vergleichsweise leichtes Reiseleben haben die Berliner Philharmoniker. Sie eröffnen am Freitag (28.8.) daheim ihre Saison, packen dann geruhsam die Koffer und fahren für den 30. August nach Salzburg. Dann kommt Anfang September zwei Mal Luzern und ebenso zwei Mal das niederösterreichische Grafenegg.

Bei all dem lohnt es sich zu fragen: Wo bekommt man den Musikgenuss am günstigsten, und wo muss man besonders viele Scheine ablegen? Am Beispiel des Boston Symphony Orchestra ist die Royal-Albert-Hall in London die Top-Adresse: Selbst wenn man bei den BBC-Proms nicht für einen Stehplatz Schlange steht, sondern die teuerste Sitz-Kategorie wählt, steigt man mit umgerechnet nicht mal siebzig Euro aus. Wenn man das also mit einem Billigflieger angeht und sich auch sonst bescheidet, könnte sich ein London-Kurztrip ungefähr um das Geld ausgehen, das man in Luzern für ein einziges Konzert des gleichen Orchester hinlegen muss: 320 Franken, das sind stolze 296 Euro.

Andernorts zahlt man – jeweils in der teuersten Kategorie – fürs Boston Symphony Orchestra zwischen 120 Euro (Grafenegg) und 185 Euro (Salzburg). In Paris, Köln und Berlin fährt man mit jeweils rund 130 Euro eher günstig, Mailand bewegt sich mit 180 Euro erwartungsgemäß auf Salzburger Festspiel-Niveau.
(Wolfgang Stern/dpk-krie)

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014