Ein Untergrund-Klassiker der Moderne
MUSEUM / HERWIG SCHUBERT
15/11/11 Auch wenn den wenigsten Leuten zum Namen Herwig Schubert spontan etwas einfallen wird: Wahrscheinlich können sich zumindest die Älteren an Zeichnungen von ihm erinnern. Er hat unter anderem „Robinson Crusoe“, „Moby Dick“ und „Lederstrumpf“ illustriert.
Von Reinhard Kriechbaum
Die Uralt-Editionen aus dem Überreuter Verlag, unverwüstliche Jugendbuch-Klassiker aus den sechziger Jahren, tauchen nach wie vor auf Flohmärkten auf, und für viele der älteren Ausstellungsbesucher wecken sie Erinnerung an die Lese-Erstbegegnung mit diesen Geschichten. Der Illustrator also: Herwig Schubert, 1926 in Salzburg geboren – und bis heute nur sehr selten wahrgenommen am Ort. Die letzten Ausstellungen (Rupertinum, Galerie Welz) liegen zwanzig Jahre zurück.
Nun widmet das Salzburg Museum dem im Allgäu lebenden Eigenbrötler eine Retrospektive in der Kunsthalle – und die „bespielt“ Schubert mit seinen Großformaten überzeugend. Eine seiner Spezialitäten ist die Eitempera-Malerei. Immer und immer wieder legt er Farbflächen übereinander, und das Ergebnis ist eine pockennarbig anmutende Oberfläche. Es ist eine großgestische Malerei, die man eigentlich nicht fotografieren kann, denn sie lebt von dieser gleichsam haptischen Komponente.
Für den „absatzorientierten Kunstbetrieb“ sei dieser Künstler „nicht besonders geeignet“, weil sich das Oeuvre zahlenmäßig in Grenzen halte, heißt es in der Pressemappe zur Werkschau in der Kunsthalle des Salzburg Museums. Das wohl auch. Der nachhaltigere Grund dürfte sein, dass Herwig Schubert sich keinen Deut um den Kunstbetrieb und seine Moden schert. Er ist, salopp gesagt, vom Expressionisten zum jungen Wilden mutiert und unversehens ein Untergrund-Klassiker der Moderne geworden.
Die Landschaft, das Figürliche sind seine Themen, mythische Motive sprechen ihn ebenso an wie nordische Küstenformationen. Dem Großformat ist er nicht abhold, aber es gibt auch Werkserien, in denen bildnerische Vision und zeichnerische Genauigkeit eine schöne Verbindung eingehen.
Da lohnt es zum Beispiel die Blätter in den beiden Ladenkästen genauer anzuschauen. Dort finden sich Originalzeichnungen zu den erwähnten Buchillustrationen und auch neue Figurenstudien. Heutzutage nimmt im Lehrbetrieb der Kunstakademien das Handwerkliche keinen so hohen Stellenwert mehr ein gegenüber dem Konzeptuellen. Insofern wäre Herwig Schubert auch als Lehrer heutzutage nicht mehr besonders gefragt. Schade. Bei ihm haben die Studenten dereinst gewiss grandioses Handwerk lernen können: Er leitete einige Jahre lang eine Malklasse an der Akademie für angewandte Kunst in Istanbul. 1973 bekam er einen Lehrauftrag an der Akademie der bildenden Künste in Stuttgart, 1979 wurde er dort Professor für figuratives Zeichnen und Malen.
Auch mit 85 Jahren reist er viel und gerne. Schubert hat tollkühne Kanufahrten in der kanadischen Wildnis unternommen, ist mit dem Segelboot im Alleingang wochenlang zur See gefahren und hat zahlreiche Yachtüberstellungen im Atlantik durchgeführt. Nicht wenig von diesem Eigenbrötlertum teilt sich auch im bildnerischen Schaffen mit.