asdf
 

Lobet und preiset den Herrn … ja, ja

TOBI REISER ADVENTSINGEN

06/12/13 Ist den weißgewandeten Engeln mit den bonbonartigen Goldmaschen um die Körpermitte zu trauen, wenn vor allem Mädchen in den Kostümen stecken? Lederhosen-Hirtenkinder sind da mit Fug und Recht ein wenig misstrauisch.

Von Reinhard Kriechbaum

139Zu den Vorbehalten  gegen die himmlischen Schlafunterbrecher trägt auch deren absonderliche Sprache bei. Pures Hochdeutsch! Aber es findet sich ein Engelein, das des ortsüblichen Hirtenkinder-Idioms mächtig ist, und der wackere Hirte mit der Posaune eignet sich seinerseits als Dolmetsch. Beim Reden kommen also auch Engel und Hirten letztlich z’sammen, und wenn sie es dann mit dem gemeinsamen Singen versuchen, ist das Eis schnell gebrochen: Der „Halleluja-Jodler“ hat Witz, wenn nicht sogar Selbstironie (das ist keine Wesensart, die Adventsingen gemeinhin auszeichnet). Und die Engelein erweisen sich dann auch schlagkräftige Pascher beim Schleunigen.

140Mit Recht ist man beim Tobi-Reiser-Adventsingen stolz auf die Hirtenkinder, die heuer beim Amselsingen in Bischofshofen sogar als eigenständiges Ensemble unter dem Namen „Salzburger Hirten Streich“ erfolgreich waren. Kunststück – da sind so viele Kinder und Jugendliche aus Salzburger Familien dabei, die nicht nur in der Volksmusikszene Rang und Namen haben. Da wachsen junge Leute wie selbstverständlich in ein musikalisch fruchtbares Klima hinein.

Kann man von „Tradition“ sprechen? Beim Tobi Reiser Adventsingen beruft man sich ja auch aufs „Szenische Oratorium“, wie es Tobias Reiser entwickelt hat. Ganz so wie die Kollegen beim Salzburger Adventsingen, gegenüber im Großen Festspielhaus. Die setzen freilich unterdessen auf ein internationales Publikum. Dieses und die großen Maßstäbe vor dem Eisernen Vorhang verlangen nach Perfektion. Die versucht man mit Profis einzulösen.

In der Großen Aula ist – im Wortsinn – mehr Urlaut möglich und auch sehr passend. Ein unverfälschtes Idiom, für das hier zum Beispiel die Laienschauspieler Walburg Roth und Alfred Kröll stehen (angeblich reden unsere bayerischen Nachbarn ja das ur-echte Alt-Salzburgisch), würde internationale Gäste, sagen wir: leicht irritieren. Hier ist’s goldrichtig und kommt beim richtigen Publikum entsprechend gut an.

Die Walchschmied Sänger, der Salzburger Dreigesang (letzterer unterdessen zu zwei Dritteln „erneuert“), das Ensemble Tobias Reiser: Das ist Singen und Musizieren entlang einer Traditionslinie, die man auch salopp mit „Ur-Laut“ beschreiben könnte (wohl wissend, dass es in der Volksmusik, da lebendiges Kulturgut, die Vorsilbe „Ur“ nicht geben kann). In der aktuellen Produktion „Aus an b’sondern’n Holz“, die Josef Radauer künstlerisch verantwortet, findet dieser volksmusikalische Stil (Stil hat es absolut) mit der alten und älteren, neueren und neuen Musik (von Michael  Haydn bis Andreas Gassner) gut 138zusammen. Walchschmied Sänger, Salzburger Dreigesang, die beiden Solisten Maria (Sophie Mitterhuber) und Josef (Ernst Meixner) sowie die Hirtenkinder finden auch als Chor leidlich zusammen.

Siegwulf Turek verwandelt mit Projektionen das denkbar schlichte Bühnen-Arrangement in ein Kircheninneres und Äußeres (die Schauplätze wechseln mehrmals). Wann wenn nicht im Advent soll’s gülden leuchten? Das passt jedenfalls gut zum Gesang „Lobet und preiset den Herrn“, dem Andreas Gassner als Komponist ein nettes nachschlagendes „Ja, ja“ eines Hirtenmädchens verpasst hat. Lieb und auch fast ein wenig ironisch.

141Sepp Radauers Geschichte zielt mitten ins Herz der weihnachtlichen Froh- und Verbesserungsbotschaft: der hartherzige Schnitzer sitzt am Ende ja doch mit der fremd-schwangeren Kellnerin Maria bei der metten-nächtlichen Würstelsuppe. Das liebe Mäderl Emilia, die das Jesuskind der Kirchenkrippe im Jahr zuvor hat mitgehen lassen, ist auch glücklich, weil der Schnitzer ja doch zum Messer und obendrein zu einem „b’sonder’n Holz“ gegriffen hat… Aber das erzählen wir jetzt nicht, das muss man sich anschauen.

Es wird unprätentiös erzählt, und eine solche Geschichte darf schon geradlinig ins Herz zielen. Es wäre höchst unfair, „Tobi Reiser Adventsingen“ und „Salzburger Adventsingen“ gegeneinander auszuspielen oder auch nur zu vergleichen. Wer das in der Volksmusik sucht, was im bayerisch/salzburgischen Raum im – sagen wir – letzten dreiviertel Jahrhundert als „echt“ und „authentisch“ gilt, darf sich in der Großen Aula ohne Zweifel sehr gut bedient fühlen.

Tobi Reiser Adventsingen in der Großen Aula. Aufführungen am 6.,  7., 8., 13., 14. und 15. Dezember; am Sonntag den 15. Dezember gibt es ein Adventsingen für Kinder, das bereits ausverkauft ist – www.tobi-reiser.at
Bilder: Tobi Reiser Adventsingen
Zum Vorbericht Simmerl hängt an Fäden

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014