Hinter den Kulissen
VOLKSKULTUR / FREILICHTMUSEUM
09/06/17 Das Abtragen und Wiedererrichten von Gebäuden ist eine einleuchtende Basisarbeit in einem volkskundlichen Freilichtmuseum. Es hängt aber auch sonst viel dran an einer Einrichtung wie jener in Großgmain. Das fängt beim Blumenschmuck an und endet noch lange nicht mit dem Vertreiben von Holzwürmern.
Von Reinhard Kriechbaum
Susanne Brandner ist einer jener guten Geister im Hintergrund. Sie wird am Sonntag (11.6.), wenn das Freilichtmuseum zu Blicken hinter die Kulissen lädt, in mehreren Führungen ihr Aufgabenfeld „von A bis Z“ vorstellen - von Andachtsbild bis Zuckerzange. Was die beiden Dinge miteinander zu tun haben? Sie finden sich im Museumsdepot, das Susanne Brandner leitet.
Sie ist natürlich gerade dann die erste Ansprechpartnerin, wenn es darum geht, die Häuser einzurichten. In der Küche stehen das passende Geschirr, im Herrgottswinkel stimmungsvolle Devotionalien, im Schlafzimmer je nach sozialem Stand Bettzeug vom staubigen Strohsack bis zur bestickten Bettwäsche. Und in der Tenne sollen die bäuerlichen Werkszeuge gerade so bereit stehen, als ob die Bauersleute gerade erst aus dem Haus gegangen wären.
Das erwartet man sich so als – städtischer – Besucher. „Deko oder Zeitgeschichte, Dichtung und Wahrheit“ heißt einer der Programmpunkte am Sonntag. Und da klingt die Problematik schon an: Die wenigsten Besucher des Freilichtmuseums haben noch unmittelbare Erfahrung mit Landwirtschaft oder gar Erinnerung an das Landleben früher. Heutige Besucher kommen mit Vorstellungen ins Museum, in die ein guter Schuss Romantik gemengt ist.
Die moderne Museumsarbeit im Freilichtmuseum muss also dahin laufen, möglichst viel „echtes“ Bauernleben von früher zu dokumentieren und gleichzeitig die Gäste der Jetztzeit, die im Freilichtmuseum natürlich auch ein gutes Stück vermeintlich erhaltener Idylle suchen, nicht allzu sehr zu desillusionieren. Das Spannungsfeld hat Michael Weese, der neue Leiter des Freilichtmuseums, sehr deutlich angesprochen, gleich nachdem er bestellt wurde.
Was passt warum wohin? Das beschäftigt natürlich nicht nur den Direktor und seine Depotleiterin. In Sachen Idylle-Bildung ist Norbert Schmitzberger als Museumsgärtner unmittelbar involviert. „Zwischen Kompost, Balkonkisterl und Obstbaumschnitt“ ist Motto einiger Themenführungen. Die Sache mit dem Balkonkisterl ist dabei besonders heikel. Was wäre ein „Urlaub am Bauernhof“-Prospekt ohne überquellende Blumentöpfe, ohne die Überfülle an Blüten auf den Balkonen? So etwas sehen wir natürlich auch im Freilichtmuseum gerne – aber da jagt uns der heutige Deko-Wahn ordentlich ins Bockshorn. Bauern früher waren mit der Natur „outdoor“ hinlänglich bedient. Die Fenster alter Bauernhäuser sind nicht zuletzt aus thermischen Gründen ganz winzig. Nichts wäre den Bewohnern fremder erschienen, als die wenigen nach innen dringenden Sonnenstrahlen mit Blumenschmuck vor Fenstern und Balkonen zu mindern.
Auch wenn das Museum zu Allerheiligen zusperrt, haben die Handwerker nicht frei. Franz Greisberger ist der Werkstättenleiter. Es ist völlig klar, dass bei so vielen Gebäuden immer irgendetwas zu reparieren, zu restaurieren oder zu erneuern ist.
„Hinter den Kulissen“ ist eine neue Initiative im Freilichtmuseum, die Michael Weese als neuer Direktor initiiert hat. Mit der Holzlagerhütte der Tischlerei Schwarz aus Salzburg-Gneis wurde ein geeigneter Bau aus den 1930er Jahren gefunden, der als Schaudepot adaptiert wurde.
Monika Brunner-Gaurek ist die Wissenschafterin, die sich bei allen Fragen rund ums Übertragen von Häusern auskennt. Das aktuelle Projekt ist die Rainerkeusche. Die steht jetzt noch in Ramingstein, aber demnächst geht es ans Abtragen, ans Nummerieren der Teile und an den Transport. Aber nicht nur Museumsleute reisen dazu an, denn Michael Weese will dieses Projekt „zu einem exemplarischen Zeugen regionaler Kulturgeschichte“ machen. Der ORF begleitet also nicht nur die Handwerker, sondern zeichnet auch Interviews mit Zeitzeugen auf und er wird die Archivarbeit dokumentieren, die hinter einem solchen Vorhaben steckt.
Lokführer ist nicht der allererste Beruf, der einem zum Freilichtmuseum einfällt. Was muss man lernen, um die Museumsbahn sicher auf Schmalspur zu führen? Das verrät Ausbildungsleiter Heinz Eberhart.