Aliens und Fußbad
STYRIARTE / GLI SCHERZI
21/07/15 Die Styriarte 2015 steht unter dem Motto „... und lachte“. Die Styriarte sei ein Festivlal, „das nicht bekannt ist für zeitgenössische Musik, aber mehr zeitgenössische Musik macht, als man denkt“. So Intendant Mathis Huber am Montag (20.7.) vor dem Konzert „Gli Scherzi“: Sechs Komponistinnen haben für die Styriarte musikalische Scherze geschrieben.
Von Heidemarie Klabacher
Aliens kommen lautlos auf die Bühne, bestaunen Geigenbogen und Cellostachel und entlocken den herumliegenden Instrumenten alsbald manierlich ätherische Klänge. Nicht unvernünftig ist so ein Fußbad während der Kammermusik, das kühlt und plätschert diskret. Die Überraschungspackerl für die Musiker enthalten Glocke und Glöcklein, Bällchen oder hauchzarte Mundharmonikas. Das kling(el)t nett und die Spieldose mit dem sanften „Mäh“ steht wohl für Humor.
Gibt es in der Musik der Gegenwart etwas zu lachen, hat der Styriarte-Intendant Mathis Huber gefragt. Und sechs Komponistinnen, die in Österreich leben und arbeiten, haben sich dieser Frage mit Ernst gewidmet: Mirela Ivičević, Manuela Kerer, Johanna Doderer, Belma Bešlić-Gál, Maria Gstättner und Angélica Castelló.
Die Scherzi aus Franz Schuberts „Forellenquintett“ D 667 und aus Antonín Dvořáks Klavierquintett op. 81 gaben den Kompoinstinnen die Besetzung vor und umrahmten die Uraufführungen im Mumuth, im „Haus für Musik und Musiktheater“ der Kunst Uni Graz. Gespielt haben Solistinnen und Solisten des Styriarte Festspiel-Orchesters um die Geigerin Annelie Gahl.
„Gli Scherzi“ hieß der Abend. Zu jedem Werk gehört untrennbar ein Kurzfilmporträt der jeweiligen Komponistin: Vor allem die Motive, die in den Filmen auftauchen, um danach als Zitat in der Musik wiederzukehren, hielten den Zuhörer und Zuschauer bei der Stange. Die im Fluss plantschenden Füße der Komponistin Manuela Kerer kamen etwa als Fußbad wieder. Bei den Schaffeln auf der Bühne glaubte man sogar eine Anspielung auf die knalligen Farben ihres bunten Leiberls im Film zu erkennen, aber das mag überinterpretiert sein.
Belma Bešlić-Gál ist als Jugendliche aus dem Jugoslawienkrieg nach Deutschland geflüchtet. Wenn sich ihre neuen Schulkolleginnen damals über Kleiderfragen oder Liebeskummer Sorgen machten, sei sie, die knapp dem Tode entkommen ist, „sich vorgekommen wie ein Alien“. Auf der Mumuth-Bühne haben sich diese Aliens materialisiert. Leider. Die feinschillernden Klänge hätten auch so getragen.
Angélica Castelló hat das Spiel mit den „überraschenden“ Klangerzeugern aus dem Packerl einfach zu Tode geritten. Wirklichen Witz hatte Johanna Doderers pathetisch melodisch vorüberziehnder Tango. Überraschende beinharte Striche auf oder hinter dem Steg ließen die imaginären bierernsten Tänzer immer wieder straucheln. Opulenter Klang und fiese Stolperfallen - eine hinreißende Miniatur.
Die Komponistinnen-Portäts können auf dem Vimeo Kanal der Styriarte nachgesehen werden - styriarte.com