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Der wichtige Blick auf die Ränder

REST DER WELT / VIENNALE

08/11/12 Nicht nur James Bond feiert dieser Tage sein – durchaus gelungenes – 50-Jahre-Jubiläum. Auch die Viennale, Österreichs wichtigstes internationales Filmfestival, wurde heuer  ein halbes Jahrhundert alt. Die 50. Viennale ist gestern Mittwoch (7.11.) zu Ende gegangen.

Von Andreas Öttl

In den ersten Jahren noch als „Festival der Heiterkeit“ bekannt, wandte sich die Viennale bald dem anspruchsvollen Weltkino zu. Unter dem Duo Wolfgang Ainberger /Alexander Horwath kam es in den neunziger Jahren zu einer Öffnung in Richtung Pop und Genrekino. Spätestens seit der Ära von Hans Hurch, der seit 1997 die Viennale leitet, ist das Festival ein Fixstern am Wiener Kulturhimmel und genießt auch international hohes Ansehen.

Und wie es eben so ist, wenn jemand in Österreich zu lange zu erfolgreich ist, sind die Kritiker nicht weit. Von einer „Hurchiade“ war heuer die Rede. Der Vorwurf: das Filmprogramm sei zu stark vom persönlichen Geschmack des Festivalchefs geprägt gewesen. Dass dieser zur österreichischen Filmwirtschaft nicht das beste Verhältnis pflegt, ist kein Geheimnis. Manch einer nahm es Hans Hurch dann auch übel, dass er den Terminwünschen von Ulrich Seidl nicht nachgekommen war, woraufhin dieser die ersten beiden Filme seiner „Paradies“ Trilogie prompt zurück zog.

Hurch also als Feind des österreichischen Films? Mitnichten. Denn im Programm fanden sich insgesamt 27 heimische Produktionen, nur eben nicht die üblichen Verdächtigen Seidl, Haneke & Co, die ohnehin bereits Zugang zu den A-Festivals fanden. Hurchs Blick ist vielmehr auf die Ränder gerichtet. Dies bleibt auch heuer eine große Stärke der Viennale. Wo sonst kann man das Schaffen des hierzulande völlig unbekannten italienischen Filmemachers Alberto Grifi entdecken?

Selbstverständlich trifft der  Viennale-Stammgast auch auf zahlreiche alte Bekannte (Olivier Assayas, Miguel Gomes, Mike Ott um nur einige zu nennen) und findet sich im Festivalprogramm zwischen den üblichen Schwerpunkten schnell zurecht. Das „Real America“ darf dabei ebenso wenig fehlen wie asiatische Genrekost und brisante Dokumentarfilme. In diesem von einem Autoren-Kurator (© Alexander Horwath) geprägtem Programm gibt es natürlich weiße Flecken und doch muss man betonen, dass gerade dieser persönliche Zugang es ist, der die Viennale zu etwas Besonderem gemacht und ihr den hohen Stellenwert in der internationalen cinephilen Gemeinde eingebracht hat. „Best of Weltkino“-Festivals, die hauptsächlich das gemeine Bildungsbürgertum ansprechen, gibt es ohnehin schon zu viele. Festivals für die wirklichen Filmkenner hingegen sind so selten geworden wie das Zelluloid in den Vorführräumen.

Freilich: Nicht alles ist bei der Jubiläumsausgabe so glatt gelaufen wie man sich dies vielleicht erhofft hatte. Groß angekündigte Persönlichkeiten wie Werner Herzog und Isabelle Huppert sagten den Wien-Besuch kurzfristig ab. Ob des um einige Tage verlängerten Programms gab es durchaus einige Vorstellungen mit freien Plätzen. Bilanz: eine etwas niedrigere Gesamtauslastung als im Vorjahr (76.6 Prozent), aber ein leichter Besucheranstieg (96.900). Auch beim bereits das ganze Jahr über andauernden Rahmenprogramm hat man sich wohl etwas übernommen: So musste etwa das für November geplante 70mm Festival im Gartenbaukino auf unbestimmte Zeit verschoben werden.

Positiv zu bemerken ist vor allem das zunehmende Interesse internationaler Fachbesucher.  Dies lässt darauf schließen dass die Viennale nach fünfzig Jahren nunmehr ein Niveau erreicht bei dem man Zweifel hegen kann ob dieses noch lange gehalten werden kann. Denn auch wenn während der Viennale davon oft abgelenkt wurde: Österreich ist kein Land mit einer reichen Filmkultur. Da liegt eigentlich die Latte der Viennale fast zu hoch. Fritz Lang, jener Exil-Regisseur, dem heuer die Retrospektive gewidmet war, würde diese wohl bestätigen…

Folgende österreichischen Produktionen sind mit dem „Wiener Filmpreis“ ausgezeichn et worden: Michael Hanekes Spielfilm „Liebe“ und  „Meine kleine Familie“, ein Dokumentarfilm von Paul-Julien Robert. „Leviathan“ von Véréna Paravel, Lucien Castaing-Taylor (USA/GB/F 2012) hat den Publikumspreis bekommen. - www.viennale.at
Bilder: Viennale / Pilo Pilcher (1)

 

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