Von gefährlichen Drachen
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02/09/12 „Zeitung“ war damals noch nicht genau das, was wir heute darunter verstehen, ein Druckwerk nämlich. 1568: Damals hat man die täglichen News noch äußerst sorgsam mit der Hand geschrieben, in gestochenem Buchstabenbild.
Die Österreichische Nationalbibliothek digitalisiert derzeit die weltweit bekannte Zeitungssammlung der Familie Fugger. Dadurch, so die Leiterin der Österreichischen Nationalbibliothek, Johanna Rachinger , sei es „erstmals möglich, in diesem einmaligen Bestand der wohl berühmtesten „Zeitung vor der Zeitung“ zu blättern.“ 16.000 Zeitungen aus den Jahren 1568 bis 1604 befinden sich in der Nationalbibliothek.
„Aus Franckhreich vernimbt man, es habe sich zu Langres inn Franckhreich ein drago erzaigt, der fresse und verschlinge die mennschen…“ Das ist die Frühbarock-Version des Sommerloch-Füllers Nessie. So etwas wie eine Feuer speiende Nachrichtenente.
Die Fuggerzeitungen sind Vorläufer von gedruckten Zeitungen, wie sie ab 1605 erschienen. Ihr Name leitet sich ab von Octavian Secundus und Philipp Eduard Fugger, die einer Nebenlinie der Augsburger Kaufmannsfamilie entstammten. Sie sammelten die Zeitungen ihrer Zeit, ließen sie binden und in ihrer Bibliothek verwahren. Durch den Kauf der Fuggerschen Bibliothek kamen die in 27 Bänden zusammengefassten Fuggerzeitungen im Jahr 1656 in den Besitz der kaiserlichen Hofbibliothek und wurden von Augsburg nach Wien übersiedelt. „Es handelt sich hier um eine der größten und international bedeutendsten Sammlungen handschriftlich geschriebener Zeitungen im deutschsprachigen Raum“, betont Andreas Fingernagel, Direktor der Sammlung von Handschriften und alten Drucken.
Die Zeitungen sind handschriftlich verfasste Berichte aus verschiedenen Absendeorten in Europa, aber auch aus Amerika und Asien. Die meisten stammen aus Rom, Venedig, Antwerpen und Köln, den wichtigen Informationszentren der damaligen Zeit. Sie berichten, ganz ähnlich wie heutige Tageszeitungen, über Politik, Wirtschaft und gesellschaftliche Ereignisse ebenso wie über militärische oder religiöse Konflikte, spektakuläre Verbrechen und kuriose Begebenheiten. „All the news that’s fit to print” – der legendäre Slogan der “New York Times” galt auch anno dazumal.
Die fragilen Objekte werden an der Österreichischen Nationalbibliothek mit hoher Auflösung gescannt und derzeit im virtuellen Zeitungslesesaal AustriaN Newspapers Online (ANNO) eingespielt. Originell, vom derzeit aktuellen Nachrichtenmedium Internet zurückzuschauen auf die Ursprünge des Neuigkeiten-Verbreitens. (ÖNB)