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Postchristel mit Briefkasten

REST DER WELT / BAD ISCHL / LEHAR FESTIVAL

16/07/12 Carl Zeller betrieb als promovierter Jurist und Ministerialrat im Staatsdienst das Komponieren als Liebhaberei und landete in diesem Nebenberuf mit dem „Vogelhändler“ einen Welterfolg. Die volkstümlichen Melodien sind bis heute bekannte und beliebte Operettenhits.

Von Elisabeth Aumiller

Historischer Zufall am Rande: Im Januar 1891 erlebte Zellers „Vogelhändler“ seine Uraufführung im Theater an der Wien, das aus den Einnahmen erbaut wurde, die ein noch berühmterer Vogelfänger einbrachte, nämlich Papageno in Emanuel Schikaneders Aufführungen von Mozarts „Zauberflöte“, die 1791, genau 100 Jahre vorher, ihre Uraufführung hatte.

Intendant Michael Lakner beweist immer wieder eine große Findigkeit im Aufspüren viel versprechender Stimmen und eine geschickte Hand  im stückgerechten Einsatz seiner Künstler. So gab es heuer neben bewährten Kräften eine Reihe neuer Mitwirkender, die  zum Gelingen in hervorragender Weise beitrug.

Die Regisseurin Isabella Gregor erzählt die Geschichte vom Tiroler Vogelhändler Adam mit Charme, guter Personenführung und Gespür für lebendige unverkrampfte Bewegungsabläufe und eine in „spannender Lockerheit“ aufgebaute  Handlungsdichte. Adam kann  seine Postchristel nach den operettenüblichen Verwirr- und Verwechslungsspielen von Liebe, Eifersucht, Geldmangel, Skandalen um falsche und echte Fürsten, Streit und Versöhnung in die Arme schließen und  glücklich mit ihr in die Tiroler Heimat zurückkehren.

Über ein fantasievoll aus pastellfarbenen Brettern aufgetürmtes Gebirge mit Strickleitern und Steigeisen kommt Adam aus Tirol in die leergewilderten kurfürstlichen Jagdgründe und lässt  aus seinen diversen Vogelkrax’n und -Käfigen seine Vogel-Ware munter flöten und trillern und von der aufgeregten Chor-Bevölkerung und reizenden Kinderstatisterie bestaunen.

Sebastian Reinthaller, ab 2014 Leiter der Bühne Baden, gibt mit dem Adam sein Debüt in Bad Ischl und punktet mit Spielwitz, behänder Beweglichkeit und tirolerisch gefärbten Dialogen als energievoller und eifersüchtig sturer Naturbursch. Wenn er mit „Schenkt man sich Rosen in Tirol“ glänzt,  hat er die Blume auch in der Stimme und berührt im gefühlsseligen „Wie mei’ Ahn’l zwanzig Jahr“ mit dem schlicht vorgetragenen Kehrreim „No amal, no amal, sing nur sing Nachtigall“.

Theresa Grabner ist eine schmucke Briefchristel, voller Leben, köstlich aufmüpfig in ihrem Zorn und in anrührendem Liebreiz, wenn sie mit innigem „Magst mi no“ um Adams Liebe bittet.  Ihr glockiger Sopran klingt freischwingend bis in die Spitzentöne. Mit ihrem glänzenden Auftrittslied „Ich bin die Christel von der Post“ hat sie schnell die Herzen eingefangen und das Auditorium im Griff. Ein überdimensionaler  Briefkasten samt Träger ist dabei ihr lustiger Begleiter. Eva Maria Kumpfmüller als Kurfürstin Marie ist eine Entdeckung Lakners ebenso wie der chinesische Tenor Kejia Xiong. Kumpfmüller studierte in Lakners Interpretationsklasse und gewann anschließend den ersten Preis beim Dichler-Wettbewerb. Ihre klare Silberstimme ist jung in der Farbe und sie überzeugt darstellerisch als elegante Kurfürstin. Ein hervorragender Debüt-Auftritt! Xiong verfügt über einen gut geführten lyrischen Tenor, voller Leuchtkraft und in qualitätvollem  Timbre. Ihm gebührt ein Sonderlob für seine exzellente Sprachbehandlung und sein Einfühlungsvermögen in das Genre. Zudem erweist er sich als begabter Darsteller voller Spiellaune und Wendigkeit. Lakners Entdeckung wird gewiss nicht ohne Karrierefolgen für den Chinesen bleiben.

Eine Erzkomödiantin aus echtem Schrot und Korn ist Gabriele Schuchter, die  als Baronin Adelaide nach Bad Ischl zurückgekehrt ist. Sie zieht alle Register großer Bühnenkunst und macht aus der Baronin ein Kabinettstück und aus dem Professor Süffle eine originelle Komikfigur. Rupert Bergmann ist der gewichtige Baron Weps und Christoph Wagner -Trenkwitz zeigt als Professor Würmchen erneut sein bühnenpräsentes Spieltalent.

Dass die Dialoge mit aktuellen Anspielungen angereichert sind, geschieht nahtlos und unaufdringlich und lässt auch die Lacher auf ihre Rechnung kommen. Tamara Oswatitsch zeichnet verantwortlich für die hübschen und aufwendigen Kostüme und die helle, freundliche Bühnenausstattung. Der Chor, einstudiert von Georg Smola, brilliert mit gesanglichem Wohlklang,  darstellerischer Vielseitigkeit und Gewandtheit und die Choreographie ist bei Mandy Garbrecht in bewährten Händen.

Neu beim Lehár-Festival ist der Dirigent Oliver Ostermann, der Zellers volkstümliche Weisen zügig, schlicht und  liebenswert  zum Blühen bringt und die Qualitäten von Orchester und Bühnenensemble effektvoll herauszuschälen vermag.

Aufführungen bis 2. September. – Am kommenden Samstag (21.7.) hat Franz Lehárs selten gespielte Operette „Zigeunerliebe“ in Bad Ischl Premiere. – www.leharfestival.at
Bilder Lehàr Festival / fotohofer

 

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