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Glitzermärchen ganz im Heute

OPER GRAZ / LA CENERENTOLA

19/11/24 Die gute Fee – die gar nicht mitspielt – hat mit ihrem Zauberstab Rossinis La Cenerentola in der Oper Graz großzügig mit fein wirbelndem SternenGlitzer überzogen. Ein mitreißendes Freudenfest für Aug und Ohr.

Von Heidemarie Klabacher

Die Geschichte vom armen Aschenputtel, das trotz der Intrigen der bösen Stiefschwestern den Prinzen kriegt, kursiert in vielen Varianten. Dreihundert sollen es weltweit sein. Die junge italienische Regisseurin Ilaria Lanzino bringt Walt Disney, die Brüder Grimm und das Libretto von Jacopo Ferretti, basierend auf dem Märchen von Charles Perrault, munter unter einen Hut – und streut mit federleichter Hand auch noch aktuellen Themen wie Selbstermächtigung oder Hinterfragung von Rollenklischees knallbunte Rosen. So flott wie Gioacchini Rossini seine Cenerentola komponiert hat – nämlich verging kaum ein Monat von der Stoffwahl bis zur Uraufführung am 25. Jänner 1817 – so flott geht die Geschichte in der Oper Graz über die Bühne. Sängerinnen und Sänger, Orchester und Dirigent Marius Burkert feuern einander wechselseitig zu immer neuen temeramentvollen, gefühlt immer rasanteren – aber nie überhasteten – Höchstleistungen an. Der lockere Schwung immer neuer Aufschwünge im Orchestergraben findet seine kongeniale Entsprechung auf der Bühne. Dort geht es kunterbunt her.

Der Herrenchor prunkt mit so muskulösen wie maskulinen Pracht-Prinzen, die in der Weinkellerszene Wolfsfell anlegen. Märchen-Anspielungen gibt es zuhauf. Die Damen der Gesellschaft, Ballett-Tänzerinnen, kommen direkt aus den USA, sprich aus den berühmten Märchenfilmen Walt Disneys, inklusive Tinkerbell in liebevoll nachempfundenen Kostümen von Dorota Karolczak, die auch für die wandlungsfähige Bühne zeichnet. All das ist knallbunt, und zwar so selbstverständlich knallbunt, dass kein Pink, kein einziger Glitzer zu viel ist.

Dass das Ganze keine Bonbon-Produktion für Kinder, sondern immer noch große Oper ist, verdankt sich, neben der klugen Regie, vor allem den Sängerinnen und Sängern. Allen voran Anna Brull als Titelfigur, die ja eigentlich Angelina heißt. Ihre Koloraturen sind so wendig und rasant – gefühlt immer schneller werdend auf einen Atem mit dem Orchester – wie präzise und musikantisch: Ein vokales Vergnügen, das nur noch von der Freude der Sängerin in den Applausrunden übertroffen wurde.

Pablo Martínez ist ein Prinz Don Ramiro von strahlend geschmeidigem Tenor. Sein Alter Ego, der als Prinz ausgegebene Dandini, bekommt von Ivan Oreščanin in Gestalt eines nur halbwegs erlösten Froschkönigs klangvolle Stimme und komische Präsenz. Unzählige urwitzige Details, etwa wenn der falsche Prinz nach der quirligen Tinkerbell die Zunge ausrollt, zeugen vom „fröschischen“ Wesen dieses Höflings. Daeho Kim gibt den Prinzenerzieher Alidoro als diabolischen Spielmacher von sonorem Sound.

Es geht nicht alles nach Alidoros Willen, dem der Sinn nach strenger Bewahrung aller Märchen-Rollenbilder steht. Güte und Offenheit Angelinas und Ramiros, die beide nicht nach Protokoll leben wollen, sind stärker. Wilfried Zelinka ist ein grandioser Don Magnifico, stimmlich wie darstellerisch stupend. Die „bösen“ Stiefschwestern sind hier zwei zwillingsgleiche auch stimmlich einander ebenbürtige „Zicken“: Tisbe und Clorinda sind mit Sofia Vinnik und Ekaterina Solunya brillant besetzt. Selten, dass eine komische Oper tatsächlich so unbändig komisch und unterhaltsam daherkommt – und das auf höchstem musikalischem Niveau. Wann ist gleich die nächste Aufführung...

La Cenerentola – Aufführungen in der Oper Graz bis 26. Juni 2025 – oper-graz.buehnen-graz.com
Bilder: Oper Graz / Werner Kmetitsch

 

 

 

 

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