Python war das leichtere Opfer
GRAZ / APOLLO E DAFNE
16/05/18 Recht großkotzig führt sich Apollo ein – hat er doch das Ungeheuer Python mit seinem Pfeil besiegt. Und da soll er die Konkurrenz des Bogenschützen Cupido fürchten, dieser Miniaturausgabe eines Helden? Doch, Cupido hat zwei Pfeile...
Von Reinhard Kriechbaum
Der eine Pfeil ruft unbändige Begierde hervor (bei Apollo), der andere sorgt (bei der Nymphe Dafne) fürs Gegenteil. Der Rest ist Literaturgeschichte, lies nach in Ovids Metamorphosen. Und ein kleiner weiterer Rest ist die Kantate „Apollo e Dafne“, von der man nicht so genau weiß, wann und zu welchem Anlass Georg Friedrich Händel sie geschrieben hat. Egal, ob Rom, Venedig oder Hamburg – mit Ablehnung durch die Angebetete müssen Götter und Irdische alleweil rechnen, ganz länderunabhängig.
Für die Serie von Kurzopern, mit der die Grazer Oper und die dortige Musikuniversität nun das zweite Jahr schon gemeinsame Sache machen, kommt „Apollo e Dafne“ sehr gelegen. Man bespielt diesmal den Landhaushof, der sich als erstaunlich unbelärmt von der Stadt und akustisch tragfähig erweist. Die meiste Zeit sitzt das kleine Barockensemble unter der Leitung von Susanne Scholz in einer Arkade im ersten Stock, während die Geschichte auf einer netten Mini-Prospektbühne im Parterre spielt. Nur für die Baum-Werdung der Dafne wechseln die Streicher und spielen die letzte Szene im Kreisrund um den Brunnen. Dort, unter der schmiedeeisernen Laube, passiert die Metamorphose, und das ergibt ein ganz reizendes Schlussbild.
Die Inszenierung von Christian Thausing ist denkbar unprätentiös. Sie bleibt so barock wie nur. Dass der Bass wirklich erfolglos hinter der Sopranistin her ist, die beiden also kurz aus ihren Rollen aussteigen dürfen, ermöglicht ein kleines Verfolgungsspiel durch die Arkaden. Das Publikum ist mobil, weil stehend. Ein Schauspieler – Ovid selbst wohl – führt durch die Handlung. Gut, in Zeiten schwindender humanistischer Bildung, wenn man nicht bloß auf Rezitative und Arien angewiesen ist, sondern zwischendurch in Häppchen auch Ovids Hexameter zu hören bekommt. Da steckt ja auch nicht wenig Humor drin.
Diese Kantate steht und fällt natürlich mit dem Sänger des Apollo: Krešimir Dujmić hat die nötige virile Attacke, um zu vermitteln, dass mit einem Götter-Liebhaber nicht zu spaßen ist, wobei er auch da wieder zwischen kraftvoller Attacke und mächtiger Überredungskunst wechselt – Händels Noten halten auf kleinem Raum alle Wesenszüge bereit. Er ist aber dann auch ein glaubwürdiger, gar melancholischer Verlierer. Kristinka Antolkovi ist die Dafne, Johann Wolfgang Lampl ein charismatischer Erzähler. Mit Mädchen der Ballettschule der Oper Graz hat Gudrun Rottensteiner ein kleines Ballett (zu Musik von Corelli) einstudiert. Schlicht und einfach ist das alles erzählt – und damit der Musik und der Geschichte angemessen, die beide keine Geburtshilfe seitens der Szeniker brauchen.