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Der Ring wird zum Triumph für Kent Nagano

REST DER WELT / MÜNCHEN / SIEGFRIED

30/05/12 Die Pfingstfeiertage stellten den Musikliebhaber vor die Qual der Wahl: Während in Salzburg Cecilia Bartoli mit ihren ersten Pfingstfestspielen reüssierte, feierten die Münchner den dritten Teil ihres neuen, von Kent Nagano und Andreas Kriegenburg geschmiedeten Rings. Dieser wird im Rahmen der Münchner Opernfestspiele in etwas mehr als fünf Wochen zu seinem Abschluss finden.

Von Oliver Schneider

Zur Erinnerung: Kriegenburg holt den Mythos auf die Ebene des Heute herunter und arbeitet mit großen Bewegungschören. Im „Siegfried“ symbolisiert er Erde, lodernde Flammen, Bäume und auch das medusenhafte Gesicht des Drachen, indem die menschlichen Körper wie Ekel erregende Würmer scheinen. Stärker als bisher kommt das interaktive Element zum Tragen, was gut so ist. Vor allem die Begegnung zwischen dem Wanderer und dem persönlichkeitsstarken Alberich sowie die Erweckungsszene werden zu packendem Musiktheater. Auch das Fantastische kommt nicht zu kurz, zum Beispiel wenn Siegfried Nothung Glitter-Funken sprühend schmiedet. Oder Mime den giftigen Cocktail in der so angeschriebenen Küche für seinen Ziehsohn mixt. Gerade in dieser Szene tritt allerdings auch die Schwäche von Kriegenburgs Arbeit deutlich zutage. Was Text und Musik schon aussagen, müsste nicht immer auf der Bühne bebildert werden. Aber mit dieser Gratwanderung haben bekanntlich auch andere Regisseure ihre liebe Not.

Als gelungenste Momente der Aufführung bleiben die Auftritte des Waldvogels (hervorragend gesungen von Anna Virovlansky) – das leitende Waldvöglein wird auf einer Stange herumgetragen, und die Sängerin tritt gemeinsam mit ihr auf – und die Schlußszene in Erinnerung. Zuletzt ist die Bühne von einem roten Tuch bedeckt, in dessen Mitte sich das weiße Bett für Siegfrieds und Brünnhildes Vereinigung befindet (Bühne: Harald B. Thor).

Zu Recht ging die kleine Front der Unzufriedenen mit dem Regieteam im Premierenjubel unter. Uneingeschränkte Zustimmung erhielten im Münchner Nationaltheater die Protagonisten. Für Lance Ryan, zurzeit der Siegfried vom Dienst, ist vor allem der Jung-Siegfried eine Idealpartie. Er bringt ein strahlendes Forte und die nötige solide Stütze mit. Er weiß seine Kräfte klug zu dosieren, wenn er schon im Schmiedelied mit seiner Stimmkraft prunkt und auch in der letzten Szene noch ausreichend Reserven mobilisieren kann, um neben der ausgeruhten Brünnhilde von Catherine Naglestad mithalten zu können. Die Amerikanerin, die bisher vor allem im Spinto-Fach (jugendlich-dramatischer Sopran) und mit dramatischen Mozart-Partien reüssierte, überzeugt mit ihrer bestens fokussierten, volumenreichen Stimme, die sie nuanciert und mit vokaler Attacke einsetzt.

Thomas J. Mayers Wotan ist rollendeckend, aber wenn man Wolfgang Koch als Alberich daneben erlebt, wirkt er zu wenig heldisch und darstellerisch zu blass. Wolfgang Ablinger-Sperrhacke gibt Alberichs hinterlistigen Bruder Mime mit kernig wendigem und geschmeidigem Charaktertenor, Rafal Siwek den Riesen Fafner mit fahler Schwärze. Jill Grove ist eine stimmlich tadellose Erda.

Kent Nagano und das Bayerische Staatsorchester haben ihr Steigerungspotential seit der Rheingold-Premiere im Februar bewiesen. Dabei ist der Münchner Generalmusikdirektor seiner Vorstellung eines durchsichtig modulierten Klangbilds treu geblieben; die ersten beiden Aufzüge geraten naturgemäß noch sängerfreundlicher. Dass Nagano die Musiker auch zum Rauschen bringen kann, beweist dann der von Wagner erst nach mehrjähriger Unterbrechung komponierte dritte Aufzug. Hier lässt er den Klang nur so plastisch strömen, wodurch sich im Endeffekt ein wunderbar runder, weicher Gesamtklang bildet.

Vorbildlich ist auch im dritten Teil dieser Ring-Tetralogie die Textverständlichkeit, und das ist nicht zuletzt Nagano zu verdanken, der das Orchester immer wieder zurücknimmt. Auch ihm und dem Orchester brandete am Premierenabend uneingeschränkter Jubel entgegen.

Weitere Vorstellungen am 31. Mai und 3. Juni sowie im Rahmen der Ring-Zyklen bei den Münchner Opernfestspielen am 6. und 13. Juli. – Die „Götterdämmerung“ hat am 30. Juni Premiere. - www.staatsoper.de, www.ring.staatsoper.de

 

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