Liebe und Tod
KLANGREISEN / TAL & GROETHUYSEN
14/06/13 Ein absolutes Ereignis: zum letzten Termin des Internationalen Kammermusikzyklus diese Saison begeisterten Yaara Tal und Andreas Groethuysen mit Werken von Brahms, Febel, Schubert, Wagner, Debussy und Strauss.
Von Horst Reischenböck
Der Ruf als „das weltbeste Klavierduo“ (so die CD-PR) eilt ihnen seit langem voraus. Die israelische Pianistin Yaara Tal und ihr deutscher Partner Andreas Groethuysen, in Salzburg keine Unbekannten, hätten sich aber auch so Donnerstag (13. 6.) einen ausverkauften Solitär in der Uni Mozarteum verdient gehabt. Leider war’s nicht der Fall: Wer nicht zugegen war, hat jedenfalls etwas versäumt.
Das begann mit vier der Choralvorspiele für Orgel aus dem allerletzten Opus 122 von Johannes Brahms. Freund Eusebius Mandyczewski transkribierte sie für Klavier zu vier Händen noch zu Lebzeiten des Komponisten, von diesem wohl autorisiert. Da hinein verschränkten die Partner am Steinway drei von sieben Chorälen Johann Sebastian Bachs. Reinhard Febel, Mozarteums-Professor, von dem bislang zwei Kammeropern im Toihaus uraufgeführt wurden, hat diese Stücke tatsächlich „bearbeitet“. Welch eigene Gedanken und auch zusätzliche Töne er einfließen ließ, verdeutlichten die so unterschiedlich wie nur denkbaren zwei Versionen von „Wo soll ich fliehen hin?“ BWV 694. An Jazz erinnernde Anklänge waren wohl dem Temperament der Ausführenden zuzuschreiben.
Sensationell einzustufen danach das einzige Originalwerk des Abends, Franz Schuberts f-Moll-Fantasie D 940 aus seinem Todesjahr. Andreas Groethuysen vermutet in dem Stück eine verschlüsselte Liebeserklärung an die Widmungsträgerin und Schülerin Komtesse Caroline Esterházy - schon der Standesunterschiede wegen war eine Liaison nicht zu verwirklichen, von Schuberts damaligem Gesundheitszustand ganz zu schweigen. Die Anfangsnoten C und der anschließende Sprung nach F könnten für beider Initialen stehen. Atemberaubend, was das Duo dann aus diesen Werk herausholte: ein Pendeln zwischen Melancholie und Taumeln in Abgründe, verschärft durch so noch kaum je gehört dramatische Generalpausen. Dazwischen als Zäsur auch der Walzer dämonisch aberwitzig ausgekostet. Eine grandiose Deutung, einfach genial!
Mit Richard Wagner in dessen eigenen Bearbeitungen hatten sich Tal & Groethuysen schon vor dem derzeitigen Gedenkjahr beschäftigt. Nach der Pause, nun an zwei Flügeln, widmeten sie sich dem kräftezehrenden Bacchanale aus „Tannhäuser“ im Arrangement des Franzosen Paul Dukas. Sie führten die Venusbergszene nahtlos in Claude Debussys ebenfalls sinnliches „Prélude à l’après-midi d’un Faune“. Debussy hat obrigens nicht nur sein eigenes Werk so kongenial adaptierte, dass dessen Orchesterfarben kaum vermisst werden, sondern auch Wagners „Holländer“-Ouvertüre.
Als finales Glanzlicht wurden danach noch Richard Strauss’ „Till Eulenspiegels lustige Streiche“ op. 28 ausgekostet. Otto Singer Jr., ein Jahr älter als der Komponist, hat die Symphonische Dichtung, so wie viele andere Werke des Komponisten, für zwei Klaviere gesetzt. Zwei Zugaben: Isoldes Liebestod aus Max Regers Händen und, als amüsanter Rausschmeißer, genauso hinreißend ein kleiner Marsch von Fritz Kreisler.