Krone mit Juwel inmitten
DIALOGE / HAGEN UND MINETTI QUARTETT
30/11/12 Der zweite Abend der heuer dem antiken Element „Luft“ gewidmeten Dialoge stand im Zeichen des Streichquartetts. Donnerstag (29.11.) wurden dazu gleich zwei erstklassige Ensembles im Großen Saal des Mozarteums aufgeboten: Das wie immer phänomenale Hagen Quartett und das längst den „Rising Stars“ entwachsene Minetti Quartett begeisterten.
Von Horst Reischenböck
Die beiden Streichquartette hätten auch vielleicht zum Ausklang miteinander kommunizieren können. Musikalien dazu gibt es, etwa Louis Spohrs Doppelquartette oder die Oktette von Felix Mendelssohn und Niels Gade. Allein: Der Fokus war auf das Triumvirat der diesjährigen Veranstaltungsreihe mit „Hausgott“ Mozart, dem „Composer in Residence“ Manfred Trojahn und dem vor 150 Jahren geborenen Claude Debussy gerichtet. Zwei Jahrhunderte Kompositionsgeschichte also – wie eine Krone mit Juwel inmitten.
So wie die Lokalmatadore, das Hagen Quartett, innerlich nachdenklich, gelöst, und dabei in vollkommener Harmonie in den Kopfsatz von Mozarts Erstem „Preußischen“ in D-Dur KV 575 von 1789 einstiegen, war das Musik wie von einem anderen Stern. Es gilt nicht Eulen nach Athen zu tragen, aber so überwältigend subtil wie Lukas Hagen und Rainer Schmidt, Violine, Veronika Hagen, Viola, und Bruder Clemens am Violoncello spielt ihnen derzeit das wohl niemand nach
Das in Wien beheimatete Minetti Quartett lieh seinen Namen dem Theaterstück von Thomas Bernhard. Der logierte lange Zeit in Ohlsdorf nahe Gmunden, aus dem auch die beiden Geigerinnen Maria Ehmer und Anna Knopp stammen. Zusammen mit Milan Milojicic an der Bratsche und dem Cellisten Leonhard Roczek widmeten sie sich Manfred Trojahns 1983 entstandenem Drittem Streichquartett. Der Tradition folgend vier Sätze von fast aphoristischer Kürze. Auch hier hieß das Motto „In der Ruhe liegt die Kraft“, was nicht zuletzt die hauptsächlich vorgeschrieben langsamen Tempi nahe legen. An den Anfang von Franz Schuberts c-Moll-Einzelsatz erinnernde Tremoli in tiefen Lagen wechseln sich ab mit zarten, gedämpft auszuführen hohen Flageolettklängen. Nur im dritten Abschnitt darf sich bewegte Emotion eben „Luft machen“. Der Zustimmung des Publikums zu dem durchwegs tonalen Werk stand nichts im Wege – die Ausführenden und der Komponist wurden entsprechend bedankt.
Nach der Pause dann nochmals die Hagens, nun mit Claude Debussy 1893 geschriebenem, einzigen Beitrag zur Gattung, dem Streichquartett in g-Moll. Schon Paul Dukas stellte damals fest, es „trägt durchaus den Stempel seines Stils; alles darin ist klar und deutlich gezeichnet … die Melodie bewegt sich, als schritte sie über einen luxuriösen, kunstvoll gemusterten Teppich von wundersamer Farbigkeit …“ Attribute, denen auch das Hagenquartett unumwunden, ohne Einschränkung folgte. Den begeisterten Applaus bedankte ein weiterer Höhepunkt: das genauso grandios ausgeführte Adagio affetuoso ed appassionato aus Ludwig van Beethovens F-Dur-Opus 18 Nr.1. Herz, was wolltest Du noch mehr?