Beethoven meets Poland
KULTURVEREINIGUNG / SINFONIA VARSOVIA
31/05/12 Leider nur einmal: das Kulturvereinigungs-Debüt der Sinfonia Varsovia unter dem Texaner John Axelrod zum Auftakt der neuen Zyklen am Mittwoch (30. 5.) machte Lust auf mehr. Zusätzlich wurde das Konzert durch den Geiger Alexander Hohenthal aufgepeppt.
Von Horst Reischenböck
Der Beweis, dass ihrer gut 50 Instrumentalisten auf dem Podium des Großen Festspielhauses für Klassik durchaus ausreichen, wurde gleich zu Beginn geliefert. Ludwig van Beethovens Ouvertüre zum Trauerspiel „Coriolan“ beeindruckte von ihren ersten, kraftvoll akzentuierten Akkorden an. Ob es freilich im Sinn des Erfinders war, dass der Dirigent John Axelrod das flehende Seitenthema im Tempo jeweils zurücknahm?
Danach ging’s in die Heimat - mit vollem Einsatz für Polens Altmeister Krzysztof Penderecki. Der ist seit fünfzehn Jahren auch künstlerischer Direktor der Sinfonia Varsovia, mit diesem Orchester hat er seine zweisätzige Erste Sinfonietta für Streicher einst aus der Taufe gehoben. So gesehen war also auch die jetzige fulminante Wiedergabe „original“. Bot sich nach harschem Einstieg zunächst Gelegenheit für einige Stimmführer und den Konzertmeister, solistisch Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, so geriet auch hier die danach furiose Steigerung überaus publikumswirksam. Das virtuose Orchesterspiel erinnerte daran, dass die Sinfonia Varsovia aus dem ebenso renommierten Polnischen Kammerorchester erwuchs.
Anton Rubinstein nannte Henri Wieniawski einst „zweifellos den ersten Geiger seiner Zeit“. In sein romantisch warmblütiges Violinkonzert Nr. 2 d-Moll op. 22 verpackte dieser üppig ein Kompendium dessen, wovon seine Zeitgenossen schwärmten: bis dahin unerhörte Technik, Brillanz, gepaart mit seelenvoll phrasiertem Spiel und makellose Tonschönheit. All das, was der Pole seinen Schülern als Vermächtnis der „russischen Schule“ weitergab. Exzellente Gelegenheit für den aus der Talentschmiede Mozarteum hervorgegangenen Solist Alexander Hohenthal, diesen Spuren zu folgen. Reizte er in den Ecksätzen, vor allem nach dem kadenzierenden Einstieg ins „feurige“ Finale, die angeboten virtuosen Attacken voll aus, so verströmte er sich dazwischen genauso träumerisch in die nächtliche Gesangsszene. Und Hohenthal lieferte zuletzt als Dank für den Jubel perfekt ausbalanciert eine Adaption von Francisco Tárregas berühmter Tremolo-Studie „Recuerdos de la Alhambra“.
Nach der Pause Rückkehr zu Beethovens Schicksalstonart c-Moll, zur Fünften Symphonie. John Axelrod führte so fulminant und mit geballter Energie durch den Kopfsatz, dass der Atem des Publikums stockte. Es war muckmäuschenstill im Saal. Die blendend disponierten Holzbläser fächerten klanglich das Andante kammermusikalisch auf. Drei Kontrabässe und fünf Celli reichen völlig aus, um im Trio des Scherzos gehörig „umzurühren“. Schade nur, dass Axelrod dann im strahlend vom Blech bekrönten Schluss auf die Wiederholung der Themenaufstellung verzichtete. Dafür wurde als gleichsam Reverenz Mozarts „Figaro“-Ouvertüre nachgereicht.