Quartett können auch viele sein
FESTIVAL BEGEGNUNG
07/05/12 Das letzte Konzert im Begegnungsreigen zum 60.Geburtstag der Camerata brachte eine nicht alltägliche Form der Streichquartettkultur. Das Hagen Quartett und die Streicher der Camerata machten mit den unterschiedlichen Klangvarianten von vier bedeutenden Quartett-Kompositionen den Abend zu einem beeindruckenden Hörerlebnis.
Von Elisabeth Aumiller
Das frühe Mozart-Quartett C-Dur KV 157 und das seltener zu hörende Verdi-Quartett e-Moll nahmen in der Streichorchesterbesetzung, chorisch gespielt, einen deutlich untypischen Quartett-Charakter an. So erschien der erste Satz des Mozarts-Quartetts dem Ohr zunächst ein wenig rätselhaft, aber schnell fand man Gefallen an der fülligeren Vierstimmigkeit, die Transparenz nicht vermissen ließ. Die Camerata-Musiker zeigten exquisites Kammermusikspiel, geführt von Konzertmeister Gregory Ahhs vom ersten Geigenpult aus. Aufblühende Klangfülle dann beim noch größer besetzten Verdi-Quartett. Es ist das einzige Kammermusikwerk Verdis, das der italienische Operndramatiker mehr als eine persönliche Übungsskizze konzipiert haben soll, denn als Werk für die Öffentlichkeit. Zupackende Dramatik und gefühlsbetonte Melodik beherrschten das Klangbild, fein kontrastiert von elegant kantablen Linien. Die Streicher nährten klangdifferenziert die fließende Bewegung und rhythmische Intensität, und ließen in den beschwingt tanzenden Klangspielen, durchsetzt mit polyphonen Finessen, reizvoll genüsslichen Stimmungszauber walten.
Herzstücks des Abend war Beethovens Streichquartett Nr.15 a-Moll op. 132, vom Hagen Quartett in der originalen Quartettform in seiner musikalischen Tiefe ausgeschöpft und in erlesener Klangfarbigkeit meisterhaft gespielt. Der Adagio-Mittelsatz, von Beethoven als „Heiliger Dankgesang eines Genesenen an die Gottheit“ gerichtet, wurde in seiner weihevollen Erhabenheit und spirituellen Aussagekraft in den Händen der Hagens zum feierlichen Gesang tiefschürfender Eindringlichkeit und gleichzeitiger Schwerelosigkeit. Wie ein golden schimmernder Quell formte sich der musikalische Fluss zu einem Flechtwerk aus funkelnden Sternen. Quartettkunst erster Güte!
Ein weiterer Höhepunkt war abschließend Introduktion und Allegro für Streicher (Quartett und Orchester) op.47 von Edward Elgar. Das Hagen Quartett war sozusagen der Solist eingebettet in die Camerata-Streicher. Hoch engagierter und konzentrierter Spieleinsatz brachte das interessante Werk klangprächtig zum Blühen, polyphones Miteinander und Gegeneinander gab modulierte Klangeffekte, wunderschön ausgelotet und teils ineinander verflochten berückte das Wechselspiel zwischen orchestraler und solistischer Vierstimmigkeit.