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…hier ward's Ereignis

KULTURVEREINIGUNG / ORQESTRA SINFONICA DE SAO PAULO

16/11/10 Es ist nicht oft der Fall, dass sich auf den Gesichtern der Zuhörer rundum beglücktes Lächeln spiegelt. Brasilianer machen’s möglich: So geschehen beim zweiten Konzert des Orquestra Sinfônica de São Paulo im Großen Festspielhaus.

Von Horst Reischenböck

Zur Einstimmung gab es, wie schon im ersten Konzert der Gäste aus Sao Paulo, nochmals die "Morgendämmerung": das Intermezzo „Alvorada“ aus der in unseren Breitengraden unbekannt gebliebenen Oper „Lo Schiavo“ von Antônio Carlos Gomez. Das ist der einzige bedeutende brasilianische Komponist vor Heitor Villa-Lobos. Mit Zugaben aus dessen Hand wiederum wurden dann am Ende weitere Begeisterungsstürme entfacht.

Davor allerdings hatten die Gäste ihre Sattelfestigkeit schon eindringlich an Hand kontinental-europäischen Repertoires unter Beweis gestellt.

Einmal im partnerschaftlichen Zusammenwirken mit dem Cellisten Antonio Meneses, der fulminant das Solo in Dmitri Schostakowitschs konzertantem Erstling bestritt. Vom ersten Einsatz an - mit dem motorischen Viertonmotiv G-E-H-B, zu dem sich erst später eine Variante der Initialen des Komponisten gesellt - gab Meneses das Heft nicht mehr aus der Hand: technisch brillant und zugleich sensibel. Speziell, was den einfühlsam ausgespielten, in schmerzlich schöne Flageolett-Regionen führenden Ausklang des zweiten Satz betraf. Dessen Nachdenklichkeit hallt in der ausgedehnten Kadenz nach. Und daraus hat Meneses dann virtuos prägend das finale Sonaten-Rondo des Es-Dur-Opus 107 entwickelt. Eine grandiose Deutung, die entsprechend lebhaften Beifall nach sich zog.

Als kapitaler Brocken stand danach Sergej Rachmaninow auf dem Programm. Was kann der vom Zeitgenossen Igor Strawinsky spöttisch als „zwei Meter lange russische Schwermut“ Bezeichnete dafür, dass sich später Hollywoods Filmmusiken seiner Tonsprache bemächtigten? Zum Zeitpunkt des Entstehens seiner Werke vor gut einhundert Jahren stellte die zweite Sinfonie e-Moll op. 27 jedenfalls das bedeutendste Werk in der Nachfolge von Pjotr Iljitsch Tschaikowsky dar.

Chefdirigent Yan Pascal Torteliers suggestive Hände animierten seine Mitstreiter an den Pulten zu sowohl süffig romantischer Opulenz als auch luzid ausgespielter Durchsichtigkeit.

Holz- und Blechbläser mischten und ergänzten perfekt die sonore Basis der Streicher. Solcherart schlüsselte Tortelier den Hörern exakt die motivisch-zyklische Verquickung auf. Er zwang elegant die vier Sätze unter einen allumfassenden großen Bogen. Nicht, ohne kontrolliert allzu bedeutungsschwer verklärender Emphase gegenzusteuern.

Somit geriet auch die Wiedergabe dieses Werk zum Ereignis.

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