Aus skandinavischen Seelen
KULTURVEREINIGUNG / BERGEN PHILHARMONIC / ELDER
06/03/25 Zum Auftakt seines dreitägigen Salzburg-Debüts im Großen Festspielhaus begeisterte das Orchester aus Norwegen unter seinem ersten Gastdirigenten Sir Mark Elder mit Sibelius und Richard Strauss. Den vokalen Höhepunkt setzte die finnische Sopranistin Camilla Nylund.
Von Horst Reischenböck
Theodor W. Adornos abqualifizierende Meinung hängt Jean Sibelius, nach seiner ursprünglich schwedisch geprägten Jugend Finnlands Begründer einer sehr eigenen Musiksprache, immer noch nach. Oist auch das ein Grund, warum seine Werke bei uns in Konzertprogrammen nach wie vor eher selten aufscheinen? Seine dritte von sieben Symphonien C-Dur op. 52 war nach erst einmaliger Aufführung in Salzburg vor zehn Jahren am Mittwochabend (5.3.) wieder zu hören.
Sibelius selbst notierte einmal: „Eine Symphonie ist ja keine ‚Composition‘ in gewöhnlicher Bedeutung. Sie ist vielmehr ein Glaubensbekenntnis.“ Daher auch die Bruchlinie seiner öfter gespielten Zweiten zur wesentlich konziser geformtem Nachfolgerin auf Suche nach der „wunderbaren Logik (laß uns sie Gott nennen), die das Kunstwerk beherrscht“. Auf dieser langen Suche hat Sibelius einiges im Kaminfeuer vernichtet, und im Verlauf seiner weiteren mehr als dreißig Lebensjahre hat er nichts mehr dazu preisgegeben.
Die Dritte Sinfonie ist inklusive des „Gebet Gottes“ im Finale klassizistisch geprägt. So folgt schon das vom Bergen Philharmonic Orchestra rhythmisch delikat gestaltete Allegro moderato zu Beginn in präziser Sonatenhauptsatzform exakt Sibelius’ Aussage „Meines Erachtens ist ein Mozart-Allegro das vollkommenste Modell eines Symphoniesatzes“. Hierauf kosteten die Norweger unter Mark Elders nobler Leitung bis in feinste Verästelungen den Wechsel zwischen 6/8- und 3/2-Takt aus und steigerten den Schluss wirkungsvoll.
Mit Zeitgenossen wie Richard Strauss hatte es Sibelius schon 1891 weniger, denn „die Deutschen gehen zu sehr alte Wege“. Vielleicht hätten ihn Strauss Vier letzte Lieder umgestimmt. Sie wurden vorbildlich tonschön und textverständlich von Camilla Nylund gesungen. Die frisch gekürte Präsidentin der Richard-Strauss-Gesellschaft hat für dieses Amt wohl eine geradezu prädestinierte Sopranstimme. Von der satten Herbsttönung zu Beginn ausgehend besonders nachhaltig dann in der Reminiszenz des Hornsolos aus der jugendlichen Tondichtung Tod und Verklärung im abschließenden Im Abendrot, an dessen faktischer eigener Verwirklichung Strauss zur Zeit der Niederschrift ursprünglich sicher keinen Gedanken verschwendete.
Ein derartiger Abgesang eignet sich nicht sonderlich zum Abschluss, weshalb Sir Elder mit Till Eulenspiegels lustige Streiche nach alter Schelmenweise in Rondoform op. 28 dem Ganzen zündend eins draufsetzte. Mit Sibelius’ selten so differenziert und leidenschaftlich ausgekostet berühmter Valse triste-Miniatur op. 44/3 hielt er dann noch ein weiter begeisterndes Trumpfass als Zugabe parat.
Bilder: SKV / ebihara photography