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God save the King

BACHGESELLSCHAFT / THE QUEEN'S SIX

25/10/24 Auf dem britischen Pfund ist unterdessen King Charles abgebildet, aber das Vokalsextett heißt nach wie vor The Queen’s Six. Das Ensemble bot am Donnerstag (24.10.) mit dem Programm Mapping The Star in der Großen Aula einen intimen Blick auf das Kulturleben der Royals durch das Schlüsselloch.

Von Erhard Petzel

More Britisch geht schwerlich: 2008 anlässlich des 450. Kronjubiläums von Queen Elizabeth I gegründet, begleiteten The Queen’s Six Prinz Philipp und Queen Elizabeth II musikalisch aus dem irdischen und Prinz Harry und Meghan ins eheliche Leben. In St. Georg’s Chapel von Windsor Castle bestreiten sie durchgehend Abendmusiken und Messen für die Royals und treten für sie bei privaten wie staatlichen Empfängen auf. Die sechs entsprechen passgenau dem Bild, das sich ein Kontinentler von einem britischen Vokalensemble macht, mit einer Ausnahme: Tom Lilburn als Counter steht mit Elisabeth Paul eine Frau zur Seite. Das befriedigt einerseits die modernen Vorbehalte gegen reine Männer-Domänen, ist aber auch klanglich sehr einnehmend. Der Gesamtklang wird weicher abgerundet und das Klangfarbenspiel zwischen den beiden hohen Stimmen erlaubt aparte Nuancen. Wie überhaupt an diesem Ensemble die Spannung von ausgeprägter Individualität der einzelnen Typen bei gleichzeitiger engster harmonischer Verschmelzung fasziniert.

Während Andrew Thompson und Simon Whiteley sowohl schlank-bewegliche wie profunde Bässe liefern, zeichnen sich die Tenöre Nicholas Madden und Dominic Bland durch ihre bei aller Eleganz robuste und eminent steigerungsfreudige Stimmkraft aus. Gerade diese beiden zeigen, wie Stimmen mit individuellem Timbre sich bei perfekter Intonation zu irisierender Klangpracht entfalten. Dazu hat sich das Sextett sein musikalisches Programm auf den Leib geschneidert. In typisch britischem Understatement wird abwechselnd launige Conférence auf Deutsch betrieben. Des Akzentes schämt sich dabei niemand, vielmehr wird er liebevoll ausgekostet.

Natürlich nimmt man dabei auch sein eigenes Motto auf die Schaufel und damit bösen Kritikern den Wind aus den Segeln, wenn der thematische Bezug zu den Sternen bei manchen Programmteilen „waghalsig“ bis „dürftig“ ausfalle. Mag bei Psalm 42 das Erscheinen vor dem Angesicht Gottes zumindest in Himmelsrichtung weisen, wird in Psalm 6 geseufzt und tränenreich geheult, wenn auch nächtens. Zu John Taverner und Alfonso Ferrabosco gibt es Spionagegeschichte als Moderation. Bei der transparent und gediegen modellierten Renaissance hält sich das Ensemble auch nicht übermäßig lang auf.

Denn so richtig liebt es die raffinierten Arrangements von Freunden, kühne Klangpaläste für die Genuss bereiten Ohren von Kennern und Laien. Mapping the stars – Pate für das Motto – von Toby Young schralt in mehreren Bewegungen durch Stile und Kompositionstechniken als mystisches Spektakel. Ein Choral leitet ein Arrangement Dan Brittains zu Tom Lehrer ein, der dann wunderbar blasphemisch zum The Vatican Rag los fegt. Wenn auch als „Gefasel“ denunziert, wird Sun, moon, sea and stars von Bob Chilcott gefühlsstark zelebriert. Das Arrangement Ruairi Bowens treibt When you wish upon a star aus Pinocchio jedes Disney-Schmachtfetzentum gehörig aus. Es ist die stupende Qualität der Arrangements von Ana Krstajic, Miguel Esteban, Simon Whiteley, Louis Marlowe und David Pogue, die unabhängig von Herkunft und Wesen eines Songs durch die kongeniale Wiedergabe der königlichen Six die Begeisterung aufpeitscht. Ob führende Soli über Klangteppichen, polyphone Gewebe oder abgeklärte Homophonie, die Stimmen wachsen aufblühend auseinander und verschmelzen zum absoluten Gemeinsamen, garniert mit der perfekten Schwebung irisierender Dissonanzen.

Würde das Publikum nicht stehend gedankt haben, hätte es in seiner Euphorie den Briten wohl zu Füßen liegen wollen. Die lohnen das allerdings mit nur einer kurzen Draufgabe, wohl dem royalen Brotherren geschuldet. Die erst kürzlich wieder rückgegenderte Hymne wirkt dann ob ihrer chromatischen Dichte fast etwas depressiv (was hoffentlich nicht an Charles III liegen möge). Vielleicht wollte ja auch nur der CD-Stand früh genug besetzt sein, wo die Auswirkungen des Brexit auf den Handel leichter zu bewältigen sind. Dank der Bachgesellschaft, dass der kulturelle Austausch mit der Insel blüht.

Bild: thequeenssix.co.uk / Gill-Heppell

 

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