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Vom Mond bis zu den Fischen

DIALOGE FESTIVAL / STIFTUNG MOZARTEUM

06/06/24 06/06/24 Eine französische Komponistin vertont Gedichte einer mexikanischen Nonne. Ein Brite setzt Texte der Azteken in Musik. Ein Österreicher verwandelt Volkslieder des Baltikums Stücke für Streichquartett. Kapstadt ist – über Apartheid und Ausbeutung in Südafrika hinaus – seit jeder ein Schmelztigel von Afrikanischem und Europäischem. Und Mozart? Beeinflusst alle, auch György Kurtág.

Von Heidemarie Klabacher

Die „Dialoge“ waren ein Aushängeschild, fast schon eine Leuchtreklame des Zeitgenössischen im Konzertprogramm der Stiftung. Nach einer Durststrecke kam das Dialoge-Festival zurück – nun mit einem spannenden, Kulturgrenzen locker überschreitenden Program: So trocken und akademisch das Motto „Interkulturelle Einflüsse auf die Musik“, so spannend das Programm der insgesamt fünf Konzerte von Freitag (7.6.) bis Sonntag (9.6.).

Wie und wann fand die spirituelle Musik der Sufisten aus der Türkei und Syrien ihren Weg nach Europa? Und wie gelangten Texte des präkolumbischen Dichters, Philosophen und Herrschers Nezahualcóyotl in einen zeitgenössischen Liederzyklus? Und natürlich darf nicht fehlen: Welchen Einfluss hatte Mozart auf spätere Komponisten?

Letztere Frage steht, zusammen mit dem Klavierquartett g-Moll KV 478, gleich im Zentrum des Eröffnungskonzerts am Freitag (7.6.), dann zieht sich der genius loci auch schon wieder auf seine Regenwolke über Salzburg zurück. „Der einzige Fortschritt, der die Zukunft tiefgreifend beeinflussen kann, ist der, der aus der Vergangenheit erwächst“, sagte der rumänische Komponist George Enescu. Das galt auch für dessen ungarisch-französischen, ebenfalls in Rumänien geborenen Kollegen György Kurtág: „Beide bewunderten das archetypische Genie Mozarts, waren jedoch unermüdlich auf der Suche nach neuen Ausdrucksformen.

Unter dem Titel Bilder aus dem Osten erklingen rund um KV 478 Enescus Erstes Klavierquartett sowie Stücke aus der Reihe Signs, Games and Messages und den Tre Pezzi von Kurtág. Es spielen Andrei Gologan & Friends. Drei Komponisten aus der „Mother City“, wie die Haupstadt Südafrikas genannt wird, stehen auf dem Programm der Matinee am Samstag (8.6.). Peter Klatzow zählt zu den wenigen international bekannt gewordenen südafrikanischen Komponisten. Der aus Ungarn gebürtige Pianist und Komponist Thomas Rajna brachte es umgekehrt ab 1970 in Südafrika zu großer Bekanntheit. Und Hendrik Hofmeyr steht für die südafrikanische Kompositionstradition am South African College of Music. Von ihnen spielen Peter Martens und Ariane Haering Werke für Cello und Klavier.

Dass zeitgenössische Werke über ihre Uraufführung oft nicht hinaus kommen und, fast noch druckfrisch, auch schon wieder in Versenkung und Archiv verschwinden, ist eine Tatsache. Das Dialoge-Festival will ein wenig gegensteuern – und bringt druckfrische Werke zu ihrer Ur- und sofort danach gleich zu ihrer Erst-Aufführung: „Im Konzert hören wir ein Stück in der Regel nur einmal. Daher bleibt es – gerade bei unbekannten Werken – oftmals nur beim ersten Eindruck“, sagt Thomas Valentino Carrión-Carrera, Teamleiter im Künstlerischen Betriebsbüro der Internationalen Stiftung Mozarteum.

Im Nachmittagskonzert am Samstag werden daher Werke junger Komponisten zweimal hintereinander gespielt. „Im ersten Durchlauf lässt das Publikum die Stücke unvermittelt auf sich wirken. Im Anschluss kommen Komponisten und Interpreten zu Wort, erzählen über ihre Musik, die Entstehungsgeschichte und Herausforderungen bei der Interpretation“, so Carrión-Carrera. „Die Zuhörer sind eingeladen, Fragen zu stellen und ihre Wahrnehmungen zu schildern.“ Das Accio Piano Trio spielt neue Werke von Wen-Chen Wei, Jahrgang 1999, Ikumi Yamauchi 1996, Tim Lugstein 2000 und Andreas Bäuml 1999. Das Gespräch leitet Karim Zech 

Rolando Villazón, Intendant der Mozartwoche sowie künstlerischer Leiter der Saisonkonzerte bei der Stiftung, hat für das Dialoge-Festival zwei Kompositionsaufträge vergeben, die im Abendkonzert am Samstag uraufgeführt werden: Inès Halimi erweiterte ihren Zyklus von Liedern auf Gedichte von Sor Juana Inés de la Cruz um drei weitere Nummern. Ebenfalls ein Auftragswerk für Rolando Villazón sind 3 Lieder nach Texten von Nezahualcóyotl von Iain Bell. Es singt die Sopranistin Rebeca Olvera am Klavier begleitet von Sarah Tysman. Weiters erklingen an dem Abend Traditionals aus dem Baltikum von Sebastian Gürtler, gespielt von den Baltic Essential Strings. Rolando Villazón führt durch den Abend.

Das Abschlusskonzert Sonntag (9.6.) beschert – auch – den wunderbar schrägen Titel über diesem Text. Unter dem Motto From the moon to the fish macht sich das Hathor Consort auf die Spuren der Musik der Sufisten, die im Mittelalter aus der Türkei und Syrien ihren Weg nach Europa fand. Das Hathor Consort wurde 2012 von der österreichischen Gambistin Romina Lischka gegründet, benannt ist das Ensemle nach einer Muttergottheit der alten Ägypter. Die Musikerinnen und Musiker spüren „in dieser Musik dieselbe Kraft wie in der Spiritualität selbst“.

Dialoge-Festival von Freitag (7.6.) bis Sonntag (9.6.) – mozarteum.at
Bilder: ISM / Manuela Mitterer; Andrei Gologan; Romina Lischka; Wolfgang Lienbacher

 

 

 

 

 

 

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