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Romantik in vielen Bildern

MOZARTEUMORCHESTER / CARYDIS

20/10/23 Manchmal wird man mit der Nase drauf gestoßen, wie verarmt unser Konzertbetrieb ist. Hier Orchesterkonzerte mit ihrem fixen Kanon zwischen Mozart und Mahler, dort Kammermusik (was sonst als Streichquartett?) und Solistenkonzerte (sprich: Klavier, Violine). Da bleibt ganz wenig Raum für Abseitiges.

Von Reinhard Kriechbaum

Wie erfrischend hingegen das Donnerstagskonzert (19.10.) des Mozarteumorchesters. Es war programmiert in der Art musikalischer Akademien, mit prototypischer Romantik (Schumann, Mendelssohn), aber in ganz unterschiedlichen Besetzungen. Das ging los mit Schumanns Drei Romanzen op. 94. Da hat sich der Dirigent des Abends, Constantinos Carydis, ans Klavier gesetzt, und Sasha Calin, Solo-Oboistin des Mozarteumorchesters, konnte zeigen, wie wunderbar es sich auf ihrem Instrument singen lässt. Nichts anderes sind diese Stücke ja: Lieder ohne Worte.

Was man sich freilich einhandelt mit solchen Mischprogrammen: eine Umbaupause von respektabler Länge. Da rückten also die Saalmeister mit Akkuschrauber an. Das Gestänge, das den Dirigenten vor dem Absturz in den Zuschauerraum bewahrt, will gut befestigt sein. Sonderapplaus!

Worüber man auch hat nachdenken können in diesem Konzert: Musik über die Mitte des 19. Jahrhunderts wird heutzutage meist in viel zu großen Räumen gespielt. Es macht einen gewaltigen Unterschied, ob Schumanns Rheinische, die Symphonie Es-Dur op. 97, im Großen Festspielhaus oder eben im Mozarteum aufgeführt wird. Constantinos Carydis hat wenig Rücksicht genommen auf den kleineren Saal, und so kam das Werk vor allem in den Ecksätzen mit geradezu übrrumpelnder Direktheit rüber. Sehr wohl aber hat Carydis trotz insgesamt robust-kernigem Orchesterklang so manches Charakteristikum dieser Partitur herausgebracht. Was sich da im tempomäßig eher betulichen Ländler-Scherzo an rhythmischen Finessen verbirgt, wie im ebenfalls „nicht schnellen“ Mittelsatz Melancholie und Leichtfüßigkeit einander nicht ausschließen, sondern ergänzen – dem war im Großen Saal des Mozarteums gut nachzulauschen. Eine Wiedergabe insgesamt, die von Satz zu Satz an Tiefenschärfe gewonnen hat.

Sehr gut, quasi als Vorspann zur Rheinischen, eine der Fugen für Streichquartett von Felix Mendelssohn Bartholdy. Von Carl Friedrich Zelter (einem der Musik- und Konzertbetriebs-Vordenker seiner Zeit) ist der erst Zwölfjährige in die Geheimnisse des Kontrapunkts eingeführt worden – und der Kontrapunkt spielt ja auch in der Schumann-Symphonie keine geringe Rolle. So fügte sich gut das eine zum anderen.

Die Geigerin Karen Gomyo, eine in Tokio geborene Kosmopolitin (jetzt lebt sie gerade in Berlin) war die Solistin in Mendelssohns Violinkonzert e-Moll op. 64. Da schienen Aufmerksamkeit und Nerrvenstärke auf allen Seiten gefragt, jedenfalls wirkte die Wiedergabe mehr spontan als end-geprobt. Aber Karen Gomyo nimmt es mit ihrem großen Geigentzon auch mit eher weniger zimperlichen Orchester-Forti auf. Und sie hat das technische Rüstzeug, um all die rasenden kurzen Noten so einigermaßen unterzubringen, auch wenn's rundum rund zu gehen droht. Immerhin: Wie dann doch beispielsweise das Hauptthema im dritten Satz mit den quirligen Flöten (und den anderen Kolleginnen und Kollegen im Holz) synchron ging, war erfrischend.
Bilder: dpk-krie (1); Mozarteumorchester (1)

 

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