Best Bekanntes neu erzählt
CD-KRITIKEN
08/04/10 Allerlei pianistische Neuheiten von Beethoven über Rachmaninov bis zum Jahresregenten Chopin: mit Till Fellner, Denis Matsuev, Alexandre Tharaud.
Von Andreas Vogl
Das fünfte Klavierkonzert von Ludwig van Beethoven ist ein Ohrwurm und eindeutig überinterpretiert, heisst: fast zu häufig gespielt. Eine sehr geglückte Neueinspielung dieses und des vierten Konzertes wurde neu bei ECM veröffentlicht.
Till Fellner ist der meisterhafte Beethoven-Interpret, an seiner Seite Kent Nagano und das Orchestre Symphonique de Montréal. Fellner findet bei Beethoven zu klaren Linien, sowohl im Eingang des hymnischen Kopfsatzes als auch im schwelgerischen zweiten Satz, bei dem er trotz der Melancholie und Lethargie in den Noten einen vorwärtsdrängenden Impetus findet (Adagio con moto !) und absolute Natürlichkeit ohne irgendeinen Manierismus beweist.
Virtuoser wird es beim dritten Klavierkonzert von Sergej Rachmaninov, das als fast unspielbar gilt und im Gegensatz zum zweiten weniger populär, aber um nichts weniger spannend und formschön ist. Beide Konzerte konnte man im Februar im Großen Festspielhaus interpretiert von Denis Matsuev hören. Der Russe hat sich bereits, vorwiegend mit dem Tschaikowsky- und Rachmaninov-Repertoire, einen internationalen Ruf erarbeitet und begeistert sein Publikum mit herrlicher Phrasierungskunst und brillanter Technik. Das hört man besonders bei der Neuaufnahme des op.30 von Rachmaninov, dessen sich steigernder, fast zwanzigminütiger erster Satz jedem Pianisten größtes Können abverlangt. Ganz im Sinne eines symphonischen Solokonzerts weiss Matsuev sich in vielen Momenten dem genial aufspielenden Orchester des Mariinsky Theaters unter Valery Gergiev unterzuordnen, um dann in Kadenzpassagen voll und ganz dem virtuosen Charakter des Stückes gerecht zu werden.
Das zu feiernde Chopin-Jahr 2010 bringt naturgemäß einiges an Neueinspielungen der Klavierstücke des Franko-Polen auf den Markt. Angefangen hat das Jubeljahr dahingehend schon mal gut mit einem duftigen Potpourri zusammengestellt vom französichen Pianisten Alexandre Tharaud. Er reiht scheinbar wahllos Mazurken an Balladen, Nocturnes an Fantasie und dennoch erreicht das Album „Journal Intime“ durch die intelligente Stückauswahl ein Maximum an Geschlossenheit und erzählhafter Struktur. Sehr leidenschaftlich musiziert und mit einer eleganten ausgewogenen Interpretation ist dieses Album für alle empfehlenswert, die Chopin erstmal kennenlernen wollen!