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Eine große Nachtmusik

CD-KRITIK / GOLDBERG-VARIATIONEN

15/02/12 Bachs Goldberg-Variationen hat Franns von Promnitzau 2010 (aus Anlass von Bachs 325. Geburtstag) angeblich „32,5 Mal“ an deutschen Kirchenorgeln hören lassen. Vielleicht war es ja einmal zu kalt für einen ganzen Durchlauf.

CD-KRITIK / GOLDBERG-VARIATIONEN

15/02/12 Bachs Goldberg-Variationen hat Franns von Promnitzau 2010 (aus Anlass von Bachs 325. Geburtstag) angeblich „32,5 Mal“ an deutschen Kirchenorgeln hören lassen. Vielleicht war es ja einmal zu kalt für einen ganzen Durchlauf.

Von Reinhard Kriechbaum

altEr ist ein rechter Tausendsassa, der Musiker Franns von Promnitzau. Mit dem von ihm gegründeten Dresdner Vocalisten hat er einst dem Originalklang der Comedian Harmonists nachgelauscht, aber genau so setzt er sich für die Musik von dem Barockkomponisten Johann Gottlieb Naumann ein, als Organist, Cembalist und Dirigent. Von ihm hat er einige Opern wiederbelebt. Mit seinem Ensemble TreCantus ist Franns von Promnitzau eher im späten Mittelalter und der Renaissance unterwegs.

Und er interessiert sich für historische Orgeln. Es wird einem warm ums Herz, wenn man ihn auf der Orgel von St. Laurentius zu Gräfenroda in Thüringen spielen hört. Disponiert hat das 2005 rekonstruierte Instrument aus dem Jahr 1736 jener Johann Peter Kellner, der Bachs Schüler war – oder auch nicht. Er und nicht Bach hat möglicherweise Toccata und Fuge in d-Moll BWV 565 komponiert.  Nichts Genaues weiß man nicht.

Die Orgel von St. Laurentius ist jedenfalls ein Instrument, auf dem sich die kontrapunktischen Gespinste, die vielsagenden Trio-Sätze und dergleichen, wie sie die Goldberg-Variationen so überreich bereit halten, aufs Schönste und vor allem mit kammermusikalischem Flair darstellen lassen. Franns von Promnitzau hat eine fürwahr innige Beziehung zu dem Werk entwickelt, das er Episode um Episode gleichsam wachsen lässt. Leicht variierend in den sanften Mixturen und hell-zarten kleinfüßigen Registern, herrscht eine Klangbalance, die die Hörer nicht mit heftigen Farbklecksen verstört. Umso pointierter wirkt es, wenn als Nummer 17 plötzlich die „Ouvertüre“ mit allem Silber der Mixturen hereinbricht.

Schwer vorstellbar jedenfalls in dieser Fassung, dass die Goldberg-Variationen eigentlich ein überdimensionales Notturno, eine Auftragskomposition in Sachen Einschlafhilfe für den Diplomaten Carl Graf Keyserlingk sind. Eingeschlafen ist vermutlich noch niemand, wenn Franns von Promnitzau mit analytischem Verständnis und höchst präziser Handwerklichkeit den Originalitäten einer jeden Variante nachspürte. Und das liegt nicht an den harten Kirchenbänken. Und die Schlusspointe – darf man sie verraten? Da schlafen wohl die Blasbälge ein…

Johann Sebastian Bach, Goldberg-Variationen. Franns von Promnitzau an der Weiße-Orgel St. Laurentius/Gräfenroda. Auris organum, as-o 5051, www.auris-subtilis.de

 

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