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Erst analysiert, dann gespielt

CD-KRITIK / SONATEN FÜR VIOLINE SOLO

28/10/11 Mit Werken von Johann Sebastian Bach, Béla Bartók und Eugène Ysaÿe legte Georges-Emmanuel Schneider auf seiner dritten CD ein musikalisches Triptychon aus Literatur für Solovioline vor.

Von Michael Malkiewicz

Acht Jahre lang studierte der 1980 in Zürich geborene Georges-Emmanuel Schneider in der Meisterklasse von Ruggiero Ricci an der Universität Mozarteum Salzburg. Mit 22 Jahren gründete er sein erstes Kammerorchester. Nach fünfjähriger Leitung zog er nach Salzburg, um sich hier auf eine Solisten- und Kammermusikkarriere zu konzentrieren. Schneider kann bereits auf eine umfangreiche Konzerttätigkeit u.a. in Europa, Brasilien und Japan verweisen. In Salzburg kann man den virtuosen Geiger immer wieder mit Werken des 20./21. Jahrhunderts hören. Wie kaum ein anderer verbindet er hier technische Brillanz mit musikalischer Logik und „erzählt“ die oft sperrigen Kompositionen zeitgenössischer Violinliteratur in einer überzeugenden Rhetorik, sodass diese völlig unkompliziert und eingängig klingen.

Am Beginn dieser Einspielung steht die viersätzige Sonate Nr. 2 in a-Moll von Johann Sebastian Bach. Schneider ist kein Barockgeiger, er spielt mit modernem Instrumentarium. Seine Interpretation klingt daher weniger nach historischer Aufführungspraxis, sondern eher so, wie sie möglicherweise Ysaÿe und Bartók verinnerlicht hatten. Schneider bietet eine markige und „moderne“ Interpretation an, wodurch sich musikalisch ein sinnfälliger Bogen von Bach über Ysaÿe bis Bartók zieht.

Ysaÿe und Bartók griffen ihrerseits auf Bach als Vorbild zurück. Die Solosonate von Bartók wurde 1944 für Yehudi Menuhin komponiert und stellt einen kompositorischen Höhepunkt des 1945 verstorbenen Komponisten dar. Trotz extremer technischer Anforderungen klingt das Werk bei Schneider spielerisch leicht. Der künstlerischen Interpretation ging eine gründliche Analyse dieser Sonate voraus, die Schneider als Masterarbeit am Mozarteum schriftlich vorgelegt hat.

Ysaÿe schrieb in Anlehnung an Bach ebenfalls sechs Sonaten für Solovioline. Jede Sonate aus diesem Zyklus ist einem großen Geiger seiner Zeit gewidmet. Die vierte Sonate ist Fritz Kreisler zugeeignet. Mit den Sätzen Allemande, Sarabande und Finale ist sie allerdings von der Anlage her dem barocken Vorbild verpflichtet.

Den Ton einer Violine auf CD zu bannen ist trotz der technischen Möglichkeiten noch immer eine Kunst für sich. Schneider spielt auf einer französischen Violine von Nicolas Lupot aus dem Jahre 1810 und ging für die Aufnahme mit dem ebenfalls in Salzburg beheimateten Tontechniker Michele Gaggia eine ideale Symbiose ein. Das Ergebnis ist eine Einspielung, die den außerordentlich schönen Klang dieser Geige unübertroffen wiedergibt. Die kleine Barockkirche mit gotischem Gewölbe im bayerischen Höglwörth bot dazu den idealen akustischen Rahmen.

Von George-Emmanuel Schneider erschien im selben Label (CCR62071) Alban Bergs „Kammerkonzert für Violine, Klavier und 13 Blasinstrumente“ (Dirigent: Noam Zur) sowie das kaum gespielte „Polyptyque: Sechs Bilder für Violine und 2 Streichorchester“ von Frank Martin (Dirigent: Kai Röhrig). Auch dieses Projekt besticht nicht nur durch die besondere Werkauswahl, sondern durch Klangschönheit und Aussagekraft einer eigenwilligen Interpretation des damals erst 23jährigen Geigers.

Johann Sebastian Bach (1685-1750): Sonate für Solo Violine Nr. 2 in a-Moll BWV 1003. Béla Bartók (1881-1945): Sonate für Solo Violine Sz. 117. Eugène Ysaÿe (1858-1931): Sonate für Solo Violine „an Fritz Kreisler“ Op. 27 Nr. 4. Georges-Emmanuel Schneider, Violine. 1 CD Classic Concert Records CCR62072. - www.classicconcert.com

 

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