Volksmusik aufregend lebendig
CD-KRITIK / KULTurig
12/05/11 Echte Volksmusik - nicht die „volksdümmliche“ aus dem "Stadl“ - verändert sich, wie jede lebendige Kultur. Im Salzkammergut bemühten sich etliche Gruppen schon länger um Weiterentwicklung. Nun musiziert auch eine Salzburger Formation in ähnlichem Sinn: KULTurig. Eine handvoll Musiker plus Sängerin auf neuen Wegen.
Von Horst Reischenböck
In Innsbruck zählt der „Tyrolean Evening“ immer noch zum touristischen Standardbesuchprogramm. In der Stadt Salzburg hat man sich schon vor Jahren von Heimatabend, Schuhplattln und Ähnlichem verabschiedet. Einfach auch, weil lokale Gruppen wie „Die Stierwascher“ und die „Alpinia“ auf der Hohensalzburg oder im Sternbräu nicht länger auf den Sommer Urlaub verzichten wollten. Im Stiftskeller St. Peter, der seit 15 Jahren allabendlich das Mozart-Dinner-Concert offeriert, hat sich nun zusätzlich eine etwas andere Gruppe „eingenistet“.
Fünf aus Stadt und Land stammende Instrumentalisten, die einen eigenen - so der ersten Eindruck - bereits unverwechselbaren „Sound“ entwickelt haben: eine Mischung aus Volksweisen („In die Berg bin I gern“), Kompositionen eines Tobias Reiser, Albert Reiterers „Wilde Jagd“ und „indieFOLKmusic“. Auch die Texte sind neu, werden bewusst mit einbezogen, sind anregend, inspirierend, ja literarisch wertvoll. Georg Trakls „Musik im Mirabell“ oder „Die schöne Stadt“ tauchen auf, aber auch Gedichte von H.C. Artmann. Vom lokal-literarischen Aspekt her doppelt begrüßenswert.
Die Musiker sind allesamt Absolventen der Universität Mozarteum oder der Anton Bruckner Privatuniversität Linz. Sie haben sie sich unter Leitung von Heidelore Schauer - virtuos handhabt diese Hackbrett und Maultrommel - zusammengefunden. Alexander Maurer, neuer künstlerischer Leiter des Amselsingens in Bischofshofen, spielt die diatonische steirische Ziachn. Dazu steuert Heidi Reicher, die schon mit 13 Jahren den Wettbewerb „Prima la Musica“ gewann, silbrige Harfenklänge bei (wie auch im Bruckner Orchester und Landestheater Linz). Von Johannes Steiner am Kontrabass kommen die leicht „jazzigen“ Einschläge, etwa auf Theolonius Monk aufbauend. Gitarrist Jürgen Beitel wurde am Abend der Präsentation im Stiftskeller durch Evelyn Brunauer von den Elsbethen beheimateten „D’Salzburger Nockerln“ vertreten.
Zu KULTurig zählt als einziger ausländischer Gast die bereits mit der Lilli Lehmann Medaille gewürdigte Sopranistin Alexandra Bauer. Die gebürtige Münchnerin war in Salzburg bereits bei den Festspielen, am Landestheater, beim Salzburger Advent oder beim Jazzherbst zu erleben. Sie ist nicht nur jodlerisch begabt, sondern rezitiert auch einfühlsam. Was sich auf CD übrigens nachprüfen lässt.
„Salzburgs sinnlichste Musikformation“ und ihre in sich stimmige Volksmusik einer etwas anderen - eben neuen - Art, ist absolut hörenswert. Live, und kulinarisch garniert, kann man sich davon auch an Donnerstagen in der Petrusstube im Stiftskeller St. Peter überzeugen.