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Altersweise und vergnügt

CD-KRITIK / SIGISWALD KUIJKEN

21/03/24 Sigiswald Kuijken am Clavichord? Man liest das gleich noch einmal und will es kaum glauben. Er habe, so verrät der Geiger und Gambist im Booklet, dieses „traumhafte Kleinod als dilettantischer Tasteninstrumentenspieler immer heiß geliebt“.

Von Reinhard Kriechbaum

Und weil Bach, so argumentiert Kuijken, laut sicherer Überlieferung seine Solostücke für Violine und Violoncello gerne auf dem „Clavier“, sprich Clacichord, gespielt habe, sind auf dieser CD mit dem unprätentösen Titel Solo auch fünf Minuten Clavichord gelandet – die Allemande aus der Zweiten Cello-Suite BWV 1008.

Weiterer Bach in eher ausgefallenem Tongewand: Vor zwanzig Jahren hat Sigiswald Kuijken als einer der Ersten begonnen, mit dem Violoncello da Spalla zu experimentieren. Mit jenem etwas kleineren Violoncello also, das man weder zwischen die Beine klemmt noch mit einem Dorn

auf dem Boden aufstützt, sondern an einer Band um den Hals hängt und waagrecht vor der Brust hält. Kuijken spielt die Bourées I&II, die Sarabande und Gigue aus der dritten Cello-Suite BWV 1009 auf einem nur vierseitigen Instrument deutscher Provenienz (18. Jahrhundert), schlank und elegant im Ton.

Eine buntscheckige Werkauswahl: Auf der Viola da Gamba lässt Kuijken eingangs Ricercadas von Diego Ortiz hören, am Ende der Stückfolge aber auch eine der einschmeichelnden Sonaten von Carl Friedrich Abel – der hat die Gambe nach Mitte des 18. Jahrhunderts zu einer eigenwilligen Spätblüte geführt. Auf der Violine hat Kuijken sich für ein Prelude und eine Allemande von Thomas Baltzar und die Passacaglia aus Heinrich Ignaz Franz Bibers Rosenkranzsonate Nr. 16 entschieden, außerdem für einige Tanzsätze aus Bachs Partita Nr. 2 BWV 1004.

Wie kam es überhaupt zu dieser Aufnahme und dieser Werkauswahl ? Sigiswald Kuijken ist am 16. Februar achtzig Jahre alt geworden. Er sinniert im Booklet über Schütz' Musikalische Exequien und über die Schönheit der Musik. Und was er hier hören lässt, sind wohl jene Stücke, die er mitnehmen würde ins Jenseits, wenn das denn ginge.

Es ist Abgeklärtheit herauszuhören aus diesen Interpretationen. Und die lebenslange Erfahrung, die dem Altmeister eine präzise Selbsteinschätzung seiner immer noch respektablen technischen Möglichkeiten ermöglicht. Mit Achtzig darf man schon auch Sätze weglassen. Wie Kuijken nicht nur in der Biber-Passacaglia völlig uneitel und unaffektiert, aber im besten Sinne nachhaltig die Polyphponie herausbringt, wie die Stimmen über dem immer markant durchklingenden Bassmotiv nachgerade überfließen vor duftiger Leichtigkeit: Das hat immer noch Format und Glaubwürdigkeit. In den Tanzsätzen kommt oft der Witz heraus, aber Kuijken gehört noch einer Generation an, die sich nicht hat treiben lassen, die Lebendigkeit nicht mit Tempobolzerei verwechselt hat. Altersweise und still vergnügt – das überträgt sich unmittelbar auf den Hörer.

Sigiswald Kuijken: Solo. Accent ACC 24400

 

 

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