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Geburtstags- UND Weihnachtsgeschenk

CD-KRITIK / L’ORFEO BAROCKORCHESTER / MICHI GAIGG / SCHUBERT

20/12/21 Unbändige Freude am gemeinschaftlichem Musizieren eint das L’Orfeo Barockorchester seit 25 Jahren – angefeuert von Michi Gaigg. Sie hat zum Jubliäum die Sinfonien von Franz Schubert sich selbst und allen Musikfreunden zum Geschenk gemacht. Rechtzeitig vor Weihnachten ist die CD Box erhältlich!

Von Horst Reischenböck

Die vorliegenden Aufnahmen entstanden allesamt während der Schubertiade Hohenems und sind weit mehr als bloß Live-Mitschnitte, aus dem Moment heraus geboren. Nicht nur, weil damit erstmals alle acht vollendet hinterlassenen Werke komplett in originalem Klangbild nachvollziehbar sind, sondern als bewusst gestalterisches Konzept auch das Umfeld durch Einbeziehen aller in unmittelbarer Nähe entstandenen Fragmente aufgeschlüsselt und somit hörbar wird.

Vom reinen – im Namen geführten – Barock hat sich das Ensemble ja schon länger weiter entwickelt, davon zeugen beispielsweise Mendelssohns Jugendsinfonien. Auch Fanz Schubert steht längst ähnlicher Einsatz zu. Vornehmlich als Liederfürst betrachtet, wird er als dramatischer Komponist immer noch oft unter Wert verkauft, was nicht zuletzt mehrheitlich an der Unzulänglichkeit seiner Opernlibretti liegt. Welch packend emotionale Klänge er in früher Jugend aus dem ihm zu Gebot stehenden Amateurorchester schürfte, beweisen hingegen schon seine aus unerfindlichen Gründen meist nur Themen-Aufstellung gebliebenen drei Einstiege in leider nicht weiter ausgeführte D-Dur-Kopfsätze (unter D2 im Verzeichnis gebündelt).

Diese sind hier der schwungvoll packend angegangenen ersten Sinfonie derselben Tonart D 82 nachgestellt. Zwei weitere kurze Stücke D 74 A und 71 C sowie D 94 A umrahmen auf  derselben CD die genial forsche zweite Sinfonie B-Dur D 125. In der dürfen sich, angefangen von der Flötistin in der Einleitung, Holzbläser, Hörner und Trompeten dann speziell lustvoll im durchsichtig aufgefächerten Variationen-Andante ausleben. Ein erster Höhepunkt wird im nicht oft dermaßen beherzt und vehement dahin galoppierenden Finale ausgespielt.

Beeindruckend der Beginn von CD 2: Selten noch wurde Schuberts Sinfonie Nr. 3 D-Dur D 200 so hinreißend, voller Verve und explizit ausgekostet wie hier vom L’Orfeo Barockorchester. Das lässt sowohl Mitbewerber auf Originalinstrumenten wie gestandene Philharmoniker hinter sich. Konkurrenz macht sich Michi Gaigg dann jedoch im Anschluss daran selbst mit der Fünften in B-Dur D 485. Es wundert, warum sie im Vergleich mit ihrer vor zehn Jahren entstandenen Studio-Einspielung ausgerechnet hier auf Wiederholung der Exposition im Finale verzichtete. Von der Zeitdauer wäre sicher noch Platz gewesen, und auch aufnahmetechnisch gibt’s logischerweise Unterschiede.

Dass und warum Schubert das Scherzo seiner „Unvollendeten“ nicht fortsetzen wollte oder konnte, belegt dann schlüssig dessen wesentlich leichtgewichtigere elf Takte und 36 Sekunden dauernder Appendix nach den beiden abgeschlossenen Sätzen des h-Moll-Werks D 759, welche wahrhaft emotional geschärft und aufwühlend gestaltet wie kaum je zuvor, erklingen. Nicht einmal vom Orchestra of the Age of Enlightenment oder vom Concentus Musicus.

Wobei die CD 3 in direkter Abfolge bewusst macht, dass und wie trotz allem Engagements sich das „Tragische“ der Sinfonie Nr. 4 D 417 doch primär auf die Tonarten-Charakteristik c-Moll beschränkt. Die „kleine“ C-Dur Sinfonie D 589 versprüht nachfolgend vollen Wiener Charme, gefolgt von Schuberts erstem groß konzipierten Ansatz, dem E-Dur-Fragment D 729. Dies ist nur im Klavierpart hinterlassen, leider nach 115 Takten nicht weiter instrumentiert. Daran versuchten sich Andere wie Felix Weingartner oder Brian Newbould.

Die 4. CD ist allein der „großen“ C-Dur Sinfonie D 944 vorbehalten. Das L’Orfeo Barockorchester, entsprechend umfangreicher besetzt, stürmt in ihr fröhlichen Muts durch die wohl in den Kopfsatz eingeflossenen Reiseeindrücke Richtung Salzburg und Gastein. Michi Gaigg unterspielt auch geringfügig die erschütternde Generalpause inmitten des Andante und feiert so einen bekrönenden Abschluss hinter ihr eindeutig von Herzensblut getragenes Objekt.

Franz Schubert: Complete Symphonies & Fragments. L’Orfeo Barockorchester. Leitung Michi Gaigg. 4 CDs CPO.
In Salzburg ist das L’Orfeo Barockorchester unter Michi Gaigg am Dienstag (21.12.) zu erleben – um 19.30 in der Großen Aula im Konzert der Salzburger Bachgesellschaft zusammen mit deren Collegium Vocale – auf dem Programm stehen die Kantaten I bis III von Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium  www.salzburger-bachgesellschaft.at

 

 

 

 

 

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