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Der „culla segreta“ sei Dank

CD-KRITIK / MIDORI SEILER

05/09/18 Wir reden von den vielleicht ersten Baby-Klappen der Geschichte, an Venedigs Waisenhäusern im 18. Jahrhundert. Sie öffneten manchem Mädchen den Weg zur späteren Karriere als Musikerin.

Von Horst Reischenböck

Kenner und Liebhaber reisten dazumal in die Chiesa del Ospedale della Pietà, um dieses hochberühmte Mädchenorchester und seine Solistinnen zu hören. Die Einrichtung bot hervorragende Möglichkeit zur Ausbildung hoch begabter Musikerinnen. Deren Können regte Komponisten wie Tomaso Albinoni, Baldassare Galuppi, vor allem aber Antonio Vivaldi an.

Das vermutlich 1696 geborene Findelkind Anna Maria, mit zusätzlicher Bezeichnung „dal Violin“, muss eine außergewöhnliche Geigerin gewesen sein, weit über Landesgrenzen hinaus gerühmt. Von großem Interesse sie auch heute noch, existiert doch ein handgeschriebenes „Spielbuch“ mit für sie geschaffenen Konzerten. Von denen dürften nicht weniger als 25 aus Antonio Vivaldis Feder stammen – fünfmal mehr als er beispielsweise seinem aus Dresden stammenden Schüler und Virtuosen Georg Pisendel komponierte. Vielleicht war Anna Maria seine Muse, jedenfalls bedachte er die junge Dame 1712 mit einem neuen Instrument.

Die in Salzburg am Mozarteum unterrichtende Midori Seiler hat aus dieser Sammlung vier Konzerte ausgewählt, von denen nur das sogenannte Weihnachts-Konzert RV 270a als allgemein bekannt gelten mag. Die Verzierungen der Solostimme stammen möglicherweise von Vivaldi selbst. Aufgrund der Nachforschungen von Olivier Fourès reicherte das begleitende Ensemble Concerto Köln den Klang seiner Streicher im Vorjahr wie einst üblich an passenden Tutti-Stellen abwechslungsreich farbig mit Oboen, Block- und Traversflöten sowie Salmoè (Chalumeaux, einem Klarinetten-Vorläufer) an.

Reine Orchesterwerke lockern auf der Doppel-CD die Abfolge auf. So erklingen als Auftakt Vivaldis c-Moll-Concerto RV 120 und später noch seine Sinfonia in F-Dur RV 140, dazwischen das Concerto a Quattro Nr. 1 in g-Moll von Galuppi und auch Albinonis B-Dur-Concerto a Cinque op. 10 Nr. 1. Gepaart mit Midori Seilers brillantem Spiel und ihrer in den langsamen Sätzen hingebungsvoll lyrischer Empfindsamkeit ein Genuss für alle Vivaldi- und Geigenfans.

La Venezia di Anna Maria. Violinkonzerte RV 248, 260, 270a und 308 von Vivaldi, sowie Werke von Galuppi und Albinoni. Midori Seiler (Violine), Concerto Köln. Berlin Classics Edel-Kultur 2 CDs 030152BC LC 0603 – www.jpc.de

 

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