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Eine unendliche Geschichte

CD-KRITIK / HINTERGRUND / RENÉ JACOBS / MOZARTREQUIEM

19/12/17 Bei der kommenden Mozartwoche wird René Jacobs erstmals eine szenische Produktion von Wolfgang Amadé Mozarts „Entführung aus dem Serail“ dirigieren. Anfang Novembrt erschien seine Interpretation des Requiems. Wie von René Jacobs nicht anders zu erwarten, in neuer Gestalt.

Von Horst Reischenböck

Die Ausgangslage ist bekannt. Als Mozart unerwartet am 5. Dezember 1791 starb, war von dem Requiem nahezu nichts fertig. Von vollständig ganz zu schweigen. Witwe Konstanze war in Sorge, die bereits geleistete Anzahlung des Grafen Franz von Walsegg zu Stuppach auf das Honorar zurückerstatten zu müssen. Deswegen wandte sie sich vorerst an Wolfgangs Schüler aus Salzburg, Franz Xaver Freistädtler, der nach der Kyrie-Fuge jedoch aufgab. Danach bat sie den mit Wolfgang befreundet gewesenen Ignaz Eybler um Komplettierung. Von ihm stammen Ergänzungen vom Dies Irae bis zum Lacrimosa – welche Franz Xaver Süßmayr, Konstanzes dritte Wahl, jedoch ignorierte. Laut eigenen Worten komponierte Süßmayr Sanctus, Benedictus und Agnus Dei neu und berief sich ansonsten auf Mozarts Skizzen - „Zettelchen“, die allerdings verschollen sind. Sigismund Neukomm, ein weiterer Salzburger und als Schüler von Joseph Haydn mit Mozarts Tonsprache vertraut, benützte dann in Brasilien das Dies Irae für das noch fehlende Libera me - zu dem sich Süßmayr offenbar nicht imstande sah.

Soweit so kompliziert, wie bekannt.

Normalerweise kommt Franz Xaver Süßmayrs Version zur Aufführung. Die Süßmayr-Fassung ist auch die Basis in der Neuen Mozart-Ausgabe. 1971 versuchte der Musiker Franz Beyer, allzu offenkundige Fehler zu verbessern. Ihm folgten drei Musikwissenschaftler. 1983 verbesserte Richard Maunder Süßmayrs Orchestrierung und eliminierte, Sanctus, Osanna und Benedictus. 1990 versuchte Howard Landon das Beste von Eybler und Süßmayr unter einen Hut zu bringen. 1994 betrafen Robert Levins Korrekturen hauptsächlich Süßmayrs Fehler in der Stimmführung der Instrumente und einige Unbeholfenheiten in den Fugen.

Nun zu aktuellen CD. René Jacobs' Aufnahme vom Sommer dieses Jahres gingen fünf Konzerte im November 2016 voraus. Ihnen legte er die kurz vorher durch den französischen Komponisten Pierre-Henri Dutron geschaffene Revision von Mozarts Torso zugrunde. So ist es auf der CD nun nachvollziehbar. Jacobs schrieb einen lesenswerten Essay, in welchem er Mozarts Requiem-Thema auf Georg Friedrich Händels Funeral Anthem for Queen Caroline und das lutherische Sterbelied „Wenn mein Stündlein vorhanden ist“ zurückführt.

Dem Solisten-Quartett von Sopran Sophie Karthäuser, Marie-Claude Chappuis, Maximilian Schmitt und Johannes Weisser hätte insgesamt weniger Vibrato gut getan. Seine Schrecken spielt das Rex tremendae extrem aus, genauso wie das Confutatis durch geschärfte Akzente seitens der Pauken. Eklatanter Ausreißer dazwischen ist das Italienisch gesprochene Ingemisco.

Gegen Ende des Lacrimosa sind die Änderungen dann hörbar. So in der Überleitung vom Domine Jesu Christe zur Quam olim Abrahae-Fuge, die Dutron nicht antastete. Dem Sanctus verpasste er eine neue Beleuchtung, genauso wie Osanna-Fuge und Benedictus. Der RIAS Kammerchor Berlin ist dabei eine durchschlagskräftig solide Stütze und das Freiburger Barockorchester mit René Jacobs längst eng vertraut. Er lässt zum Schluss dem „quia pius es“ bestätigend verdämmernde Milde angedeihen. In der Summe eine nachdenkenswerte Alternative, die anregt sich mit diesem grandiosen Werk erneut zu beschäftigen.

W. A. Mozart Requiem Süssmayr / Dutron / Solisten Karthäuser, Chappuis, Schmitt, Weisser / RIAS Kammerchor, Freiburger Barockorchester / René Jacobs. harmonia mundi CD HMM 902291

 

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