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Achtzehn plus eins

CD-KRITIK / FAZIL SAY

03/02/17 Mit der „leichten“ Sonata facile KV 545 trat Fazil Say als Kind erstmals öffentlich auf. Von da an beschäftigte er sich immer wieder mit Wolfgang Amadé Mozart. 2014/15 spielte er in drei Sitzungen zu je vier Tagen alle Klaviersonaten an dessen Geburtsort ein.

Von Horst Reischenböck

2003 debütierte Fazil Say bei den Salzburger Festspielen. Ein Jahr später nahm er in Zürich das intime A-Dur-Klavierkonzert KV 414 auf, mit dem er 2010 dann als Solist des Borusan Istanbul Philharmonic Orchestra zum Fest zur Festspieleröffnung in die Felsenreitschule zurückkehrte. Acht der Klaviersonaten Mozarts hätte er schon damals im Repertoire gehabt, die restlichen zehn musste er sich für die Produktion im Großen Saal des Mozarteums erst aneignen. Von dessen Akustik und dem Steinway der Stiftung Mozarteum war er derart angetan, dass er mittlerweile auch mit dem Cellisten Nicolas Altstaedt hier aufnahm.

Zum Einstieg in die 6-CD-Box wählte der türkische Pianist die populäre „alla Turca“-Sonate KV 331, dessen abschließend Titel-gebendes Rondo ihn schon früher immer wieder als Zugabe bei öffentlichen Auftritten zu einer Jazz-Fantasie anregte. Hier wurde der Notentext natürlich durchaus ernst genommen.

Zum Unterschied von Friedrich Guldas bohrender Intention, der die C-Dur-Sonate KV 309 – da seiner Ansicht nach zu „apokryph“ – und jene in F-Dur KV 533/594 – weil „Stückwerk aus verschiedenen Einzelsätzen“ – aussparte, setzte sich Say mit dem ganzen Zyklus auseinander. Was für Svjatoslav Richter schwieriges Terrain bedeutete, entschlüsselt Fazil Say mit charmanter Logik, spielerisch aber durchaus nicht „verspielt“. Auf diese Weise führt er freilich in der unumgänglich scheinend der c-Moll-Sonate KV 457 vorangestellten Fantasie derselben Tonart nicht in so philosophisch tiefe Regionen wie Alfred Brendel, und er lotet auch das Adagio der Sonate in F-Dur KV 280 nicht bis zum herzzerreißend traurigen Stillstand aus wie Grigory Sokolov.

Says Intention war es, eigene Gedanken, Geschichten, die ihn beim Musizieren beschäftigten, durch naturbezogene Titel oder Widmungen an Wolfgangs Kollegen im Booklet zu vermitteln. Mozart als Programm-Musiker? Das mag möglicherweise ungewohnt, für Puristen sogar unangenehm anmuten. Aber warum nicht? Wer weiß, was dem Genie bei der Komposition so Alles mit im Kopf herum schwirrte…

Fazil Say tat noch ein Übriges, indem er die Sonaten nach Möglichkeit nach Tonarten, die für ihn auch Farben bedeuten – „F-Dur bedeutet für mich grün“ – gruppierte. So findet sich auf der zweiten CD das Kleeblatt aller in C-Dur stehenden, die nächste bündelt die F-Dur-Werke, gefolgt von D-Dur und B-Dur. In sich aber nicht nach der Entstehung chronologisch gereiht und von daher schon durchaus nicht „eintönig“. Zumal auch die Binnensätze für ausreichend kontrastierende Abwechslung sorgen. Vielmehr bietet sich dadurch bei aufmerksam konzentriertem Nacheinander-Hören die Möglichkeit, Vergleiche anzustellen, Unterschiede heraus zu filtern, was ihr Schöpfer gedanklich hinter und zwischen den Linien versteckte. Anregende Entdeckungen sind möglich.

Mozart Complete Piano Sonatas. Fazil Say. 6 CDs WARNER CLASSICS 082564692060 – www.warnerclassics.de

 

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