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Interesseloser Überdruss

PETER HANDKE / AUSSTELLUNG, SYMPOSION

18/10/12 Was für ein Foto: Unter ihren goldenen Ketten sonnen sich gleich zwei Rektoren zur Linken und Rechten des Dichters Peter Handke. Anlass: Doktor honoris causa der Salzburger Universität ist er damals, 2003, geworden. Eine ein klein wenig boshafte Nebenbemerkung hat sich Handke in seinem Dankschreiben dazu freilich nicht verkneifen können.

Von Reinhard Kriechbaum

„Was wohl im übrigen ‚überwiegende Mehrheit‘ heißen mag?“, hat Handke damals als PS angefügt – eine solche "überwiegende Mehrheit" scheint damals für die akademische Ehrung Handkes gestimmt zu haben.

Wer genau schaut, findet nette Apercus in den paar grauen Vitrinen, die etwas einsam in der riesigen Max Gandolph Bibliothek herumstehen. Anlass für die Schau ist der 70. Geburtstag von Peter Handke, er fällt auf den 6. Dezember. Handke schreibt alles fein säuberlich mit Bleistift. Ein abgetipptes Manuskript fällt ins Auge: „Interesseloser Überdruss“ steht auf dem Titelblatt. Nicht gerade der Titel-Reisser schlechthin. Thomas Schaffler, Leiter des Residenzverlags damals, hat wohl auch die Stirn gerunzelt – und Handke glücklicherweise auf seinen Verleger gehört. Als „Wunschloses Unglück“ ist der Text dann recht gut angekommen bei der Leserschaft.

Es menschelt in den Vitrinen, es salzburgelt über die Maßen. Da liegt beispielsweise eine versteinerte Muschel, die Handke dem Verleger Jochen Jung erst vorige Weihnachten geschickt hat. Eine jüngeren Jung entdeckt man dann noch einmal, und zwar in der Vitrine, die Handke und dem Residenzverlag gewidmet ist: Peter Handke, Kurt Waldheim und Jochen Jung im Small talk.

Hans Widrich, langjähriger Pressechef der Festspiele, hatte Handke lange Zeit als prominenten Nachbarn, im Trompeterschlössl am Münchsberg. Manches zerknüllte Blatt hat er aus dem Papierkorb gefischt – aus solchen und natürlich bald auch aus unzerknüllten Bleistift-Manuskripten ist die Sammlung Widrich entstanden, die sich leider nicht in Salzburg befindet, sondern in der Nationalbibliothek in Wien. Aber das Literaturarchiv Salzburg, das die Ausstellung ausrichtet, hat auch allerhand. Literaturprofessor Adolf Haslinger als langjähriger Freund des Autors konnte für das von ihm 1977 gegründete Literaturarchiv (die Vorgängerin des heutigen Literaturarchivs Salzburg) eine Sammlung wertvoller Handke-Autographen aufbauen.

Es fehlt nicht an Handke-Spuren in Salzburg, und auch nicht an Salzburg-Spuren in seinem Werk. Da liegt eine Karte an Prälat Johannes Neuhardt – er war einer in jener Tarockrunde, der Handke in „Der Chinese des Schmerzes“ ein literarisches Denkmal gesetzt hat. „In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus“ – auch dafür gab es ein leibhaftiges Vorbild. Roland Hell war Handke namentlich unbekannt, aber die Postkarte mit der Anschrift „Apotheker von Taxham“ (das ist auch Untertitel der Erzählung) hat damals den richtigen Adressaten erreicht.

Handke und die Festspiele, das gibt natürlich mehrere Vitrinen Stoff her, mit Manuskripten, Figurinen-Skizzen (etwa von Bruno Ganz in „Prometheus, gefesselt“, 1986), mit Szenenfotos und Korrespondenz. Handkes Festspiel-Geschichte setzt 1982 mit „Über die Dörfer“ ein, die letzte Handke-Aufführung war „Immer noch Sturm“ (2011).

Ab heute Donnerstag (18.10.) sitzen Wissenschafter an der Universität in Sachen Handke zusammen. „Wer sagt denn, daß die Welt schon entdeckt ist?“ ist der Titel des internationalen Symposiums, das die Universität Salzburg, die Österreichische Akademie der Wissenschaften und der Suhrkamp Verlag gemeinsam veranstalten. Bis Samstag (20.10.) referieren Expertinnen und Experten aus Salzburg und Wien, sowie aus Deutschland, der Schweiz und Belgien in der Bibliotheksaula, im Unipark Nonntal oder auf der Edmundsburg. Einzelne Werke Handkes werden ebenso untersucht, wie spezielle Facetten, wie etwa „Spuren des Judentums“ oder „Das Böse“ bei Peter Handke. Der Salzburger Germanist und international bekannte Handke-Experte Hans Höller hält im Rahmen der Tagung unter dem Titel Entdeckerische Klassik „Eine Abschiedsvorlesung“.

Die kleine Schau „An den Rändern und im Zentrum. Peter Handke in Salzburg“ des Literaturarchivs Salzburg ist bis 6. Dezember in der Max Gandolph Bibliothek zu sehen  (MI 15-19 Uhr, DO 10-13 Uhr) - Literaturarchiv Salzburg - Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! - www.uni-salzburg.at
Bilder: dpk-krie

 

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