Genialität und anderes geheimes Verlangen
STADTBIBLIOTHEK / E-BOOKS UND ONLINE-ANGEBOTE
03/10/12 Die Stadt Salzburg war im Jahr 2009 die erste Kommune in Österreich, die in der damals gerade neu eröffneten Stadtbibliothek auch eine „digitale“ Bücherei eröffnete. Derzeit verzeichnet man satte Zuwächse nicht nur in diesem Bereich: Um 74 Prozent stieg die Zahl der Gesamt-Entlehnungen, bei den e-books gar um 125 Prozent.
„Damals waren wir sicher unter den early adopters dieser Technologie“, so Kultur-Ressortchef und Bürgermeister Heinz Schaden in einem Pressegespräch am Mittwoch (3.10.). Nach Ansicht von Helmut Windinger, dem Leiter der Stadtbibliothek, trage zum Trend zur digitalen Ausleihe entscheidend die Kooperation zwischen Stadt und Land bei: Die Zahl „klickbarer“ Medien in dem gemeinsamen Pool sei entsprechend attraktiv. Seit November 2010 gibt es diese Vernetzung, an der alle öffentlichen Bibliotheken im Land Salzburg teilnehmen können. Derzeit entfallen knapp 77 % aller Nutzer des Verbundes auf die Stadtbibliothek und 74 Prozent aller Entlehnungen werden auf dem Portal der Stadtbibliothek vorgenommen.
Natürlich arbeitet auch die stark zunehmende Marktdurchdringung mit e-book-Readern und Tablets den digitalen Bibliotheken in die Hand. Da diese nach allen Prognosen mit dem bevorstehenden Weihnachtsgeschäft weiter steigen wird, rechnet Helmut Windinger mit einem weiteren Ansteigen der Entlehnzahlen in diesem Bereich. In den ersten Jahren der digitalen Bibliothek gab es zwischen 11.000 und 12.000 Entlehnungen pro Jahr. Jetzt werde dieser Wert schon nach 4 bis 5 Monaten erreicht. 58.000 Entlehnungen gab es bisher, davon entfallen fast 21.000 auf die ersten 3 Quartale heuer.
Auch der Besuch der Stadtbibliotheks-Homepage hat innerhalb eines Jahres um 74 Prozent zugenommen, die Zahl der Seitenaufrufe sogar um fast 95 Prozent. Jeder virtuelle Besucher klickt im Durchschnitt 23 Seiten an. Bei den Ratgebern ist der meist nachgefragte Titel ein Video: „Genialitätstraining mit ABC-Techniken“. Bei den Romanen ist es ein Hörbuch: „Die Bibelverschwörung“ von Julia Navarro. Das Medium mit den meisten Vormerkungen derzeit ist „Geheimes Verlangen“ aus der Reihe „Shades of Grey“ von E. L. James mit 26 Vormerkungen.
Das Lesen digitaler Bücher gewinnt damit im gesamten deutschsprachigen Raum immer mehr an Boden. Analysen zeigen, dass vor allem auch lese- und bildungsferne Personen über die digitalen Geräte für das Lesen gewonnen werden können. Insbesondere Männer lesen auf digitalen Geräten Romane, die sie sonst nicht lesen würden.
Die Hauptnutzerinnen und - nutzer kommen aus Stadt und Land Salzburg. Es gibt jedoch auch interessierte Anfragen aus dem Ausland. „Vor einigen Tagen hat ein Medizinstudent aus Polen dringend ersucht, ein Video über Herzchirurgie aus unserer digitalen Bibliothek ausleihen zu dürfen. Er brauchte es dringend für das Studium. Natürlich haben wir ihm geholfen.“ Genauere statistische Auswertungen der Nutzer-Struktur sind nicht möglich, da der Zugriff auf die digitale Stadtbibliothek pseudonymisiert erfolgt. Es wird nur geprüft, ob der Zugriff von einer Kundin oder einem Kunden der Stadtbibliothek erfolgt. Persönliche Daten werden nicht übertragen, betont man.
Seit Mai vorigen Jahres gibt es eine App für i-phone, i-pad und Tablet-PC (android). Damit kann auch von mobilen Geräten auf das e-book-Angebot zugegriffen werden. In Zukunft soll streaming-Technologie alle Arten von Medien (vom e-Book über e-Video bis e-Musik) für mobile Geräte nutzbar machen. „Das komplizierte DRM-Management für den Download und die Notwendigkeit, die Inhalte auf die eigene Festplatte zu kopieren, könnten damit wegfallen“, so Helmut Windinger.
Derzeit werden in den Regalen in der Stadtbibliothek in Lehen jene Medien, die auch online verfügbar sind, mit QR-Codes (QR = Quick Response) gekennzeichnet. Wenn man mit einem Smartphone einen QR-Code im Regal fotografiert, hat man direkten Zugriff auf den entsprechenden Titel in der digitalen Stadtbibliothek. QR-Codes werden bislang fast nur in wissenschaftlichen Bibliotheken eingesetzt, die Stadtbibliothek übernehme also wieder einmal eine Vorreiterrolle.
Das virtuelle Suchen ist auch Thema fürs papierene Buch: Deshalb strebe man eine Verbesserung des Internetkataloges und der Homepage an, heißt es. Die Katalogsuche wird auf Suchmaschinentechnologie (etwa wie bei Amazon) umgestellt. Automatische Suchvorschläge („Meinten Sie vielleicht?“) oder die Vervollständigung von Autorennamen sind Vorteile für die Kunden. Außerdem soll der Katalog mit einer eigenen Version für mobile Geräte (Smartphone, Tablet-PC) ausgestattet werden. (InfoZ)