Wilde Kerle sind gefragt
LITERATURHAUS / KINDER- UND JUGENDPROGRAMM
14/09/12 „Wenn da ein Typ hereinkommt, der zuerst einmal über Fußball oder Straßenbanden in Mexiko redet und irgendwann einen Haufen Bücher auspackt – ‚Schauts, die habe ich geschrieben’ – dann staunen auch die Burschen nur so. Sie sind total fasziniert und wollen lesen, was der Typ da geschrieben hat.“
Von Heidemarie Klabacher
Peter Fuschelberger ist im Literaturhaus Salzburg seit 18 Jahren für das Kinder- und Jugendprogramm zuständig: „Die direkte Begegnung mit Autorinnen und Autoren begeistert Kinder und Jugendliche besonders nachhaltig für die Literatur und das Lesen.“ Der Schweizer Werner J. Egli sei so ein Autor, an dessen Lippen auch die Burschen im „schwierigen“ Alter zwischen Zwölf und Vierzehn nur so hängen: „Er liest bei seinen Lesungen gar nicht so lang vor, vielleicht ein paar Minuten. Aber er erzählt von seinen Büchern, wie sie entstanden sind, von seinen Reisen und Recherchen. Und das packt die Kinder und Jugendlichen.“
Veranstaltungen für Kinder gibt es im Literaturhaus seit 1993. Angefangen habe es mit einigen „Kindernachmittagen“, erinnert sich Literaturhausleiter Tomas Friedmann. „Mit Peter Fuschelberger hat das Ganze Gewicht und Power bekommen.“
Längst gibt es umfassende Programme für alle Altersstufen: „Der LeseRüssel, unser traditionelles und äußerst begehrtes Programmangebot für die Volksschulen, war heuer bereits am ersten Schultag zu neunzig Prozent ausgebucht“, erzählte Peter Fuschlberger heute Freitag (14.9.) bei der Programmpräsentation des Literaturhauses. Gäste beim Leserüssel sind heuer etwa Georg Bydlinski, Thomas J. Hauck aus Berlin, Michael Stavaric (der heuer wieder den Österreichischen Kinderbuchpreis bekommen hat) oder Rafik Schami.
Die Reihe „Miteinander lesen“ ist eine Kooperation von Literaturhaus, Integrationsbüro der Stadt Salzburg, Stadt:Bibliothek und Pädagogischer Hochschule: Hier werden mehrsprachige Veranstaltungen angeboten. Im Jänner 2013 etwa wird die Autorin und renommierte Pädagogin für Interkulturalität Silvia Hüsler mit zwölf Volksschulklassen mehrsprachig reimen und singen.
Das "LeseAbenteuer" lockt: Diese Reihe für die fünfte bis achte Schulstufe ist eine Kooperation des Vereins Literaturhaus, der Salzburger Autorengruppe und der Stadtbücherei Hallein. Autorinnen und Autoren wie Georg Bydlinski, Zoran Drvenkar, Olaf Büttner oder Andreas Schlüter sprechen mit den Kindern über das Schreiben und das Leben als Schriftsteller. Im Frühjahr 2013 gibt es für einzelne Schüler auch eine Krimi und Fantasy-Werkstatt mit Martin Selle. Eine Präsentation allfälliger Ergebnisse ist zwar geplant, vor allem geht es aber um den „Prozess“ des Schreibens und nicht um ein „Produkt“, betont Peter Fuschelberger.
"SchreibReisen-LeseWelten" ist die Schiene für die Jugendlichen ab der Mittelstufe: Werkstattgespräche etwa mit Zoran Drvenkar, derChamisso-Preisträgerin Zehra Çirak, dem Wiener Medienwissenschafter Rainer Maria Köppl (zum Dauerbrenner "Vampire") oder dem Neuseeländer Anthony McCarten sind geplant.
Peter Fuschlberger betreut Kooperationsprojekte mit Schulen in Stadt und Land Salzburg - und seit fünf Jahren auch eine Fortbildungsreihe für Lehrerinnen und Lehrer, die teils in Zusammenarbeit von Literaturhaus Salzburg und Pädagogischer Hochschule angeboten wird: Workshops mit Kinderbuchautoren wie etwa Georg Bydlinsky oder Germanisten wie etwa Hans Höller werden angeboten. Eine Besonderheit im Programm dieses Schuljahres sei ein Workshop für Muttersprachenlehrerinnen, bei dem zwei- oder mehrsprachige Geschichten oder Gedichte geschrieben werden sollen. „Natürlich müssen alle Kinder in Österreich gut Deutsch lernen. Dazu hilft auch die Förderung der Erstsprache“, betont Peter Fuschelberger. Ob es Aufgabe eines Literaturhauses sei, Fortbildung für Lehrer anzubieten, werde immer wieder diskutiert, so Peter Fuschelberger, und sei auch eine Frage des Geldes: „Der Bedarf jedenfalls ist riesig, die Nachfrage enorm.“
Das „Junge Literaturhaus“ in Zahlen: Insgesamt gab es 2011 im Literaturhaus 59 Veranstaltungen von, mit und für Menschen unter 18 Jahren, die von 3.409 Besucherinnen und Besuchern erlebt wurden. An zehn dieser 59 Veranstaltungen hätten insgesamt „nur” 152 Kinder und Jugendliche teilgenommen: „Qualität geht vor Quantität“, betont Peter Fuschelberger. Weitere Veranstaltungen, die von 1.090 junge Menschen besucht wurden, fanden außerhalb des Literaturhauses statt. Insgesamt wurden 78 Veranstaltungen von 4.499 jungen Kindern und Jugendlichen besucht, 262 haben an insgesamt 15 Werkstätten teilgenommen.
Noch zwei Zahlen nennt der Literaturvermittler: „Wenn eine Autorin oder ein Autor eine Stunde lang was mit Kindern macht, ist der maximale Honorarsatz dreihundert Euro. Wenn dieselbe Autorin, derselbe Autor – vielleicht am Abend des gleichen Tages - vor Erwachsenen liest, ist der Honorarsatz vierhundert Euro für zwanzig Minuten.