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Auch schon Siebzig

LITERATURHAUS / MARLENE STREERUWITZ

23/06/20 Marlene Streeruwitz liest am Mittwoch (24.6.) exklusiv im Literaturhaus Salzburg aus ihrem neuen Roman Flammenwand. Die österreichische Autorin feiert kommenden Sonntag ihren 70. Geburtstag. Sie wurde mit dem Preis der Literaturhäuser 2020 ausgezeichnet.

Von Heidemarie Klabacher

Wenn jetzt gerade in den USA die Frage gestellt wird, ob eine Institution wie die Polizei reformiert werden kann. Oder. Ob die brutal-rassistische Entstehungsgeschichte, zu tief in die Kultur dieser Institution eingelassen, ihre Wirkung immer weiter entfalten wird. Wenn also nur die Abschaffung der Institution eine Befreiung aus dieser brutal-rassistischen Kultur erlaubt, dann sollten wir diese strukturelle Kritik einmal auch an unsere eigenen Institutionen stellen.“

So heißt es im Essay Staat und Wirtschaft sind durch Corona andere geworden von Marlene Streeruwitz, der am Samstag (20.6.) in der Tageszeitung „Der Standard“ erschienen ist. Es ist, so der Untertitel, ein „Essay über Erziehung und Angstmache, Ausbildung statt Bildung, Hausaufgaben und Homeoffice“. Die Position „Der Frau“ – besser gesagt: die „Der Frau“ zugewiesene Position – in all diesen Zusammenhängen muss gar nicht eigens aufgezählt werden. Es versteht sich bei Streeruwitz von selber, den Finger in die offenen Wunden zu legen.

Marlene Streeruwitz stelle mit ihrem vielseitigen Werk eine „außerordentlich wichtige und politisch profilierte Stimme in der deutschsprachigen Literatur“ dar: „Sie wagt sich damit immer mitten hinein in die Krisen unserer Gegenwart. An ihren „zwischen zornigen Befreiungsversuchen und Selbstverlust changierenden Frauenfiguren“ spiele Streeruwitz mit den Möglichkeiten, „die mehr oder weniger subtilen Macht- und Gewaltstrukturen unserer Gesellschaften literarisch erfahrbar zu machen“. So heißt es in der Jurybegründung zum Preis der Literaturhäuser 2020. Derzeit arbeitet Streeruwitz an einem Corona-Fortsetzungsroman: „Parallel zu unseren Erfahrungen literarisiert sie, was historisch sein wird.“

Der mit 20.000 Euro dotierte Preis des Netzwerks der Literaturhäuser in Deutschland, Österreich und der Schweiz konnte wegen der corona-bedingten Absage der Leipziger Buchmesse nicht verliehen werden. Die geplante Lesereise musste abgesagt werden. Auch der Besuch der exklusiven Veranstaltung im Literaturhaus Salzburg morgen Mittwoch (24.6.) mit Marlene Streeruwitz und Jürgen Thaler, dem Leiter des Franz-Michael-Felder-Archivs als Moderator, ist corona-bedingt nur mit eingeschränkter Teilnehmerzahl und gegen Voranmeldung möglich.

Noch einmal aus dem Standard-Essay von Marlene Streeruwitz, eine aktuelle Quintessenz: „'Aber DIE müssen DENEN Angst machen, damit DIE das alles befolgen', sagt der Mann im Biogeschäft. Es war Lockdown. Gemeint war die Regierung, die mit Angstmache die Erziehung der anderen betreiben müsste. In der Art eines Glaubenszwangs identifizierte sich dieser Mann mit der Regierung, um auf die anderen herunterschauen zu können, damit alles seinen richtigen Gang haben kann. Das ist der erste Schritt in den Rassismus. Aber. Schon im Schulaufsatz hat dieser Mann gelernt. Und in allen Texten, die von Anfang an vorgelegt werden, ist das so. Wir müssen in der Schule lernen, uns aus den Texten hinauszuschreiben. Das Ich wird im Lesen, Schreiben und Rechnen verlernt gemacht. Während der Zeit, in der das Kind sich selbst in der Welt kennenlernt. Ausprobiert. Erforscht.“

Zum Essay von Marlene Streeruwitz im Standard - www.derstandard.at
Bild: Heribert Corn

 

 

 

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