Raus aus der Stadt!
LITERATURARCHIV / AUSSTELLUNG
21/08/18 Was verbindet Autoren wie Hugo von Hofmannsthal, Arthur Schnitzler, Richard Beer-Hofmann, Peter Altenberg, Hermann Bahr und Felix Salten? Natürlich das Wiener Café Griensteidl, wo sich die Autorengruppe Jung-Wien regelmäßig traf. Aber die Literaten von Jung-Wien gingen auch gerne auf Sommerfrische.
Noch bis 31. August 2018 zeigt das Literaturarchiv Salzburg die Ausstellung „Raus aus der Stadt! Hofmannsthal und das Junge Wien auf Sommerfrische“. Jung-Wien bezeichnet eine Gruppe von Wiener Autoren im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert, als deren Wortführer Hermann Bahr auftrat und die maßgeblich die Entwicklung weg vom Naturalismus hin zum Ästhetizismus – und damit zur literarischen Moderne – beförderte.
Die Gruppe bildete sich 1891 heraus, und genau in diesem Jahr besuchte Hofmannsthal – er machte gerade Urlaub in Bad Fusch im Pinzgau – die Mozart-Centenarfeier in Salzburg. Eine „Totenfeier eines Unsterblichen“, ätzte er. Da hatte der spätere Festspiel-Mitbegründer noch keine Idee von dem Projekt, aber die katholisch-barocke Stadt-Kulisse ist ihm damals schon aufgefallen.
Hermann Bahr war der Wortführer und Mentor von Jung-Wien. Mit seiner Wochenschrift „Die Zeit“ und seinen guten Kontakte zu Verlagen und Zeitschriften hat Bahr damals noch junge, unbekannte Autoren gefördert. Hermann Bahr machte Salzburg gemeinsam mit seiner Frau, der Sängerin Anna von Mildenburg, später zu seinem Lebensmittelpunkt.
Die ländliche Umgebung Salzburgs bot den Jung-Wienern den idyllischen Rahmen für die Sommerfrische, die alljährliche Stadtflucht. Anfang des Sommers hatten sich die Jungautoren häufig ins Salzkammergut verabschiedet, etwa nach Ischl, Altaussee oder Strobl, wo man Wanderungen und Fahrradtouren unternahm, Lawn-Tennis (auf Rasen) spielte, Erholungsbäder nahm, sich verliebte und literarische Inspiration genoss oder vergeblich auf solche wartete.
Die Schau im Literaturarchiv Salzburg Teil einer vom Ludwig Boltzmann Institut für Geschichte und Theorie der Biographie initiierten Reihe von Ausstellungen mit dem Titel „Das Junge Wien. Natur plus X“ über die Autorengruppe Jung-Wien. Vor dem Hintergrund eines sich im späten 19. Jahrhundert zunehmend etablierenden Naturtourismus richtet die Ausstellung den Blick auf die Kultur- und Erholungsräume fern der Hauptstadt.
In der Ausstellung im Literaturarchiv – für die man tunlichst einige Lesezeit einkalkulieren sollte – werden die Protagonisten von Jung-Wien vorgestellt, mitsamt ihren Sommerfrische-Präferenzen. Es werden auch andere klassische Sommerfrische-Destinationen wie der Semmering oder der Lido und damit verschiedene Aspekte damaliger Urlaubskultur näher beleuchtet: die veränderte Natur- und Landschaftserfahrung um 1900, das Gesellschaftsleben und die Kontaktsphären zwischen Gästen und Einheimischen, Liebe und Liebeleien in idyllischer Kulisse. Das manchmal mehr, manchmal weniger ergiebige schriftstellerische Schaffen im grünen Rahmen ist ebenso Thema wie die Idealisierung der beschaulichen Sommerfrische-Behaglichkeit als Gegenentwurf zum modernisierten und technisierten weltstädtischen Wien.
Zur Ausstellung ist eine reich illustrierte Begleitbroschüre erschienen. (Universität Salzburg/dpk)