asdf
 

Rund um die Gauburg auf dem Imberg

BUCHBESPRECHUNG / NS-ARCHITEKTUR / OTTO STROHMAYR

22/04/15 „Wie Sie wissen“, schrieb der Salzburger Architekt Alfons Schmidt an Albert Speer, den Chef-Architekten Hitlers, sind die Salzburger „eingefleischte und fanatische Nazi“. „Wir lieben unseren Führer über alles.“

Von Reinhard Kriechbaum

Und eben dieser „über alles“ geliebte Führer hatte Salzburg zur „Neugestaltungsstadt“ deklariert. „Es herrschte unbändige Freude und Stolz darüber, als es bekannt wurde, daß der Führer selbst sich der Stadtplanung von Salzburg annimmt, diese unter seine Fittiche nimmt und große Bauten plant.“ Der schleimerische Brief nach Berlin im Vorfeld der gigantomanischen Planungen hat seine Wirkung verfehlt: Nicht Alfons Schmidt wurde zu Hitlers lokalem Lieblingsarchitekten, sondern Otto Strohmayr und dessen Architekturbüro-Kollege Otto Reitter.

Strohmayr ist ein Glücksfall für die Erforschung des NS-Architekturgeistes. Denn die meisten Bau-Schöpfer, die Hitler zuarbeiteten, haben nach dem Ende des Dritten Reiches ihre Zeichnungen sorgsam verschwinden lassen. Strohmayr ist noch vor Kriegsende 1945 gestorben – und deshalb ist viel Einmaliges erhalten geblieben. Umfangreiches Material hat Ingrid Holzschuh für diese höchst respektable wissenschaftliche Arbeit zusammengeführt und bewertet. Und es ist ihr zudem gelungen, all das, was von Strohmayr und Reitter an Planzeichnungen, Skizzen und Modellfotografien erhalten ist, in größere Zusammenhänge zu stellen.

Diese Querverbindungen und Bewertungen machen – durchaus unerwartet für eine Architekten-Monographie – das Buch zu einem nicht nur erhellenden, sondern spannenden Lesestoff: Wie Strohmayr einging auf das architektonische Erbe der Stadt, wie er Anleihen aus der Antike adaptierte, um Hitlers Anspruch an die baukünstlerische Erhöhung seines Ego umzusetzen. Das ist so aufschlussreich wie die Querverweise auf vergleichbare Nazi-Architekturprojekte in Weimar oder Bayreuth. Und die Salzburger Grabenkämpfe zwischen den Planern auf Militärseite und jenen im Umkreis von Hitlers Chef-Architekten Speer waren auch nicht von schlechten Eltern.

Es wird einem da bewusst, wie schlecht dokumentiert und analysiert die Architektur dieser dunklen Zeitspanne eigentlich noch ist. Natürlich: Die Pläne von Strohmayr und Reitter für den Imberg – die Gauhalle (am Platz des Kapuzinerklosters), ein Sport- und Schwimmstadion und nicht zuletzt ein riesiges Festspielhaus – sind allgemein bekannt. Viel weniger geläufig die Planungen auf dem anderen Stadtberg und in der Stadt selbst: Im Andräviertel, rund um den Mirabellplatz, war ganz zuerst ein Gauforum angedacht. Doch die Andräkirche abzutragen – das war damals selbst Hitler zu stark.

Der Mönchsberg über Mülln, der Bereich über der Monikapforte und dem heutigen Hotel Mönchstein war ausersehen für imposante Heeresbauten. Ein Stück weiter war das Kupelwieser-Schlössl mit dem Wasserturm zum Abbruch vorgesehen, denn dort – am Platz des heutigen Museums der Moderne – hätte ein riesiger Hotelkomplex entstehen sollen. Mit Lasten- und Personenlift im Fels, wie der heutige Mönchsbergaufzug. Hitler dirigierte dann um, wollte dieses Hotel letztlich auf dem Bürglstein errichtet wissen. Das Hotel schien übrigens deshalb so notwendig, weil man Salzburg auch als Kongressstadt positionieren wollte.

Nichts Neues unter der Sonne. Die Auffahrt zur Gauhalle und zum Festspielhaus auf dem Kapuzinerberg/Imberg wäre ungefähr vom UKH ausgegangen. Man hat zur Verkehrs-Leitung schon damals von dort weg auf einen Tunnel Richtung Schallmoos gespitzt (und das waren auch 1943 bereits alte Ideen). Das Schwimmstadion droben auf dem Berg hätte damals natürlich nicht „Spaßbad“ geheißen.

Und was ist schließlich gebaut worden von Strohmayr/Reitter? Die Schlosseinfahrt zu Kleßheim ist ihr Werk. Das vom „Winterschloss“ zum „Gästehaus Hitlers“ umgebaute Kavaliershaus im Park war eines der ganz rasch umgesetzten Dinge fürs Nazi-Regime. In der Zwischenkriegszeit (Strohmayr war gerade hoffnungsvoller Absolvent der Architekturklasse von Clemens Holzmeister) hatte er die Kirche von Seeham erweitert.

Strohmayrs Wohnblöcke an der Westseite der Rudolf-Biebl-Straße sind Beispiele für ziviles Bauen damals. Und a propos Lehen: Für die Brückenköpfe an der heutigen Lehener Brücke gibt es Entwurfsskizzen von Strohmayr, die frappant an jene auch aus der Nazi-Zeit stammenden Gebäude vom Linzer Hauptplatz zur Donaubrücke hin erinnern.

Ingrid Holzschuh: Otto Strohmayr (1900-1945). Hitlers Architekt für die Neugestaltung der Stadt Salzburg im Nationalsozialismus. 263 Seiten mit 180 Abbildungen. Schriftenreihe des Archivs der Stadt Salzburg 41. Verlag Böhlau, Wien 2015, 49.- Euro

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014