Fühlen Sie sich beobachtet
BUCHBESPRECHUNG / KÖPFE UND MASKEN
07/08/14 Einer der Tipps, den man Einheimischen und Salzburg-Touristen unbedingt geben sollte: In der Stiftskirche Nonnberg die Augen nicht nur himmelwärts zu richten, sondern die Blicke auch in Bodennähe schweifen zu lassen. Am Fuß der Säulen, die den Nonnenchor tragen, wird man Erstaunliches entdecken.
Von Reinhard Kriechbaum
In etwa faustkopfgroße „Auswüchse“ lugen da aus dem Untersberger Marmor: Porträts und auch ein paar Tierköpfe. Im gotischen Geflecht rund um das Eingangsportal in die Stiftskirche findet sich übrigens ein Kerl, der an einen Harlekin erinnert. Was mag es damit für eine Bewandtnis haben, was wollten uns die Baukünstler oder Bildhauer mit solchem Zierrat mitteilen? Eine der Grundfragen gerade bei einzeln auftauchenden Köpfen ist ja: Sind sie Botschaft für irgendetwas oder sind sie bloß eine Art „Signatur“ des betreffenden Künstlers? Oder gar nur Jux und Tollerei, aus einer Laune heraus entsprungen?
Das Buch „Köpfe und Masken“ stellt einige dieser steinernen Genossen vor, in Stadt und Land Salzburg, aber auch mit sinnvollen Exkursen in die Berchtesgadener Nachbarschaft. Auch in Bad Reichenhall, in St. Zeno, gibt es manch Staunenswertes zu entdecken. Der Autor Peter Dinzelbacher – mehr Kunsthistoriker als begnadeter Schreiber – macht es den Lesern nicht immer ganz leicht, aber weiß viel Interessantes zu erzählen. Er hat, in Erklärung und Bild, auch viele Kunstvergleiche aus deutschen Kirchen bei der Hand.
In anderen Gegenden gibt es ja deutlich mehr Köpfe und Masken – „têtes coupées“ ist der Fachbegriff dafür – als hierzulande. Aber es lohnt sich auch im Salzburgischen, genauer zu schauen. An der Pfarrkirche Irrsdorf finden sich solche Applikationen außen, in Vigaun schauen einen plötzlich solche steinernen Genossen an, in Pfarrwerfen und Zell am See ebenso. Es ist der Verdienst des Autors, den Bestand komplett aufgelistet und beschrieben zu haben.
Dass einen die Köpfe – sofern sie aus der Romanik oder der Frühgotik stammen – meist ziemlich ungeniert anstarren, ist ein Wesenszug von ihnen.