Die Hosen anhaben - ganz legal
BUCHBESPRECHUNG / IRMA VON TROLL-BOROSTYÁNI
08/02/13 Seit 31. Jänner 2013 dürfen Französinnen Hosen tragen. Echt wahr! Zuvor wäre - laut einer Verordnung aus dem Jahr 1800 – das Hosentragen von Frauen bei der Polizeipräfektur anzumelden gewesen. Die Regelung wurde mit leichter Verspätung nun außer Kraft gesetzt. Was hat das mit Irma von Troll-Borostyáni (1847–1912) zu tun?
Von Heidemarie Klabacher
Irma von Troll-Borostyáni, die vor hundert Jahren verstorbene Autorin und Frauenrechtlerin, wird sich wegen des Hosenkleid-Paragraphen in ihrem Grabe eher nicht umdrehen, aber schallend lachen. Sie forderte die Hose für die Frau samt Reform der weiblichen Kleidung schon 1897 - in ihrem Pamphlet „Das Weib und seine Kleidung“. „Sie lehnt das ‚Panzermieder’ ebenso ab, wie die Verstümmelung der Füße durch zu enge Schuhe und hohe Absätze, den Ballast am Kopf durch aufgetürmtes Haar und lächerlich aufgeputzte Hüte. Auch den Frauenrock findet sie unkleidsam und fordert die Hose als Bekleidung nicht nur für Radfahrerinnen.“
Zum Bleibenden und zugleich zum Spannendsten aus den vielfältigen Aktivitäten im Gedenkjahr für die in Salzburg geborene und verstorbene Erzieherin, verhinderte Pianistin, Autorin und spätere Frauenrechtlerin gehört das Buch „Irma von Troll-Borostyáni (1847–1912). Vorkämpferin der Frauenemanzipation“. Christa Gürtler und Sabine Veits-Falk haben den Band für das Salzburg Museum in Kooperation mit dem Stadtarchiv Salzburg herausgegeben. Es war auch der Begleitband zur gleichnamigen Sonderausstellung im Salzburg Museum, die nur noch an diesem Wochenende (bis 10.2.) geöffnet hat.
Christa Gürtler und Sabine Veits-Falk sind Expertinnen: Mit ihrem Buch „Frauen in Salzburg. Zwischen Ausgrenzung und Teilhabe“ haben sie erst jüngst ein eindrückliches Bild der Situation „der Frau“ in Salzburg über die Jahrhunderte gegeben. Dort kommt Irma von Troll-Borostyáni natürlich auch vor. In ihrem neuen gemeinsamen Buch vermitteln Gürtler und Veits-Falk nun aber ein detailliertes Bild von der Person und den Anliegen der Frauenrechtlerin und Autorin Troll-Borostyáni.
Zahlreiche Ausschnitte aus sozial-politischen Schriften und literarischen Texten Borostyánis, Ausschnitte aus Briefwechseln (etwa mit Berta von Suttner) sowie zeitgenössische Kritiken und Pamphlete sind in dem anregend gestalteten und reich illustrierten Band versammelt. Kurze Einführungen und ein biografischer Bezug sind den zahlreichen Originaltexten vorangestellt. Diese Kommentare sind grau gekennzeichnet, eine dankbar angenommene Orientierungshilfe.
„Ihr Frauen, um deren Rechte, um deren Freiheit, um deren Glück es sich handelt, Ihr selbst müßt die Initiative ergreifen, um Euer Leben zu einem menschenwürdigen Dasein zu gestalten.“ Das sagt keine „Twitterin“, keine Facebook-Aktivistin aus dem Jahre 2013. Das sagte die erste und wichtigste Vorkämpferin der Frauenemanzipation in der Habsburgermonarchie schon anno 1878. Sie kämpfte gegen Hungerlöhne und Prostitution, für das Recht auf Bildung und Berufstätigkeit und für das Frauenwahlrecht.
Mit dem köstlichen Pamphlet „Das Weib und seine Kleidung“ zog sie gegen die gesundheitsschädigenden Narrheiten der Mode ins Feld: „In der Geschichte der menschlichen Verstandesschwäche gebührt dem Kapitel der weiblichen Kleidung eine hervorragende Stelle. … Nicht die Zweckmäßigkeit der Tracht, nicht deren Aufgabe, den Anforderungen der Hygiene, der praktischen Verwendbarkeit, der Bequemlichkeit und der Schönheit zu entsprechen, sondern die Mode und das heiße Bemühen, ihrer Herrschaft in selbstbewusstloser Knechtseligkeit sich zu unterwerfen, erfüllen das der Bekleidungsfrage zugewendete Denken des weiblichen Geschlechts.“
Hat sich daran eigentlich was geändert? Was wurde eine Troll-Borostyáni wohl zu Highheels, zum Jugendwahn und zur Magermodel-Mode von Heute sagen? Welche ihrer Nachfolgerinnen wettert eigentlich gegen die Torheit, Töchter, Mutter und Großmütter in die gleichen Jeans zu quetschen? Immerhin dürfen wir "legal" Hosen tragen - neuerdings auch in Frankreich.
Marie von Troll wurde am 31. März 1847 in der Griesgasse geboren. Sie besuchte das Erziehungsinstitut im Kloster Nonnberg und ging 1870 nach Wien. Karrieren als Pianistin und Schauspielerin wurden unterbunden. Als Theaterautorin konnte sie nicht Fuß fassen (ob die sozialkritischen Themen oder mangelnde Qualität die Ursache waren, ist nicht mehr recht nachzuvollziehen, wenige Texte nur sind erhalten geblieben). Marie Troll begann, sich Irma zu nennen, arbeitete als Musiklehrerin und Journalistin in Budapest und heirate 1875 den Journalisten und Schriftsteller Nándor Borostyáni, der ihre Aktivitäten in der „Frauenfrage“ unterstützte. 1882 kehrte Irma von Troll-Borostyáni nach Salzburg zurück, und lebte mit zwei Freundinnen und ihrer Schwester in der Riedenburg. Ihr erstes Buch „Die Mission unseres Jahrhunderts. Eine Studie über die Frauenfrage“ ist 1878 erschienen. „Die Prostitution vor dem Gesetz. Ein Appell ans deutsche Volk und seine Vertreter“ musste 1893 unter Pseudonym erscheinen. 1896 hielt sie beim Allgemeinen Österreichischen Frauenverein in Wien ihren einzigen Vortrag über „Die wirtschaftliche und sozialethische Bedeutung der Frauenbewegung“. 1908 wurde sie zum Ehrenmitglied des Allgemeinen Österreichischen Frauenvereins ernannt. Am 10. Februar 1912 starb Irma von Troll-Borostyáni nach einem Gehirnschlag in Salzburg. Ihren Namen trägt der seit 1995 jährlich am Internationalen Frauentag in Salzburg vergebene Troll-Borostyáni-Preis.