asdf
 

Mei liwa frids haudujudu

BUCHBESPRECHUNG / HOLZBAUER / MEISELF IN BOSDN

31/05/12 Nicht, dass der „Anflug“ auf die Neue Welt komplikationsfrei gewesen wäre: Mit der „Andrea Doria“ ist Wilhelm Holzbauer 1956 von Genua nach New York gereist, den Schiffsuntergang hat er glücklich überlebt. Ein Liner mit Namen „Ile de France“ hat ihn damals gerettet – aber das Ziel Holzbauers waren natürlich die USA.

Von Reinhard Kriechbaum

Die Treppe im sinkenden Schiff, so erinnert sich Holzbauer in seinem im Verlag Müry-Salzmann erschienenen Büchlein „meiself in bosdn. Briefe aus amerika“, habe ihn angesichts der Schräglage „an einen MERZbau von Kurt Schwitters“ erinnert. Wie man sieht, lohnt es sich, was G’scheites gelernt zu haben für die Wechselfälle des Lebens. Da behält man Übersicht und weiß die Geschehnisse einzuordnen. Im Übrigen hatten sich Holzbauer und ein Freund über eine Stiege aufs Vorderdeck gerettet, die eigentlich nur First-class-Passagieren zugestanden wäre. Solche Überlebens-Strategie schadet nicht, wenn man es als Architekt zu etwas bringen möchte. Als beinah andere den Planungs-Auftrag für das „Haus für Mozart“ erhielten, konntet Holzbauer viel später beweisen, dass er die Duchsetzungskraft bis heute nicht verloren hat.

„nix bat wota / noting bat wota“ rundum– das hat der sprachspielerisch begabte junge Mann nicht im Rettungsboot notiert, sondern später, in Boston (schreib: bosdn) in einem Brief an Friedrich Achleitner: „wota zum schwimma / wota zum drinkn un zum abwaschn / wota gegnan drek gegngan durscht / wosd hinschaust nix wia wota.“ Der Bedarf an „wota“ war vermutlich gestillt seit dem Schiffsunglück.

Als Fulbright-Stipendiat war Holzbauer „drüben“. Seine Erinnerungen in dem Büchlein spiegeln gut die Eindrücke, wie sie ein junger Mensch damals (1956-1959) in der Neuen Welt empfangen konnte. Für die meisten Jahrgangskollegen daheim bedeutete Ausland und Meer damals bestenfalls Lignano oder Jesolo. In Österreich wurden gerade die Kriegswunden an Gebäuden verarztet, zum Beispiel die Staatsoper wiederaufgebaut. Architektonische Qualität war in diesen Jahren nicht wirklich das Thema. Dagegen die USA und speziell Boston: „Für mich waren die Bauten eines Eero Saarinen mit dem Kresge Auditorium, die Studentenheime von Alvar Aalto und Walter Gropius, die neuen Hochhäuser am Charles River etc. Inkunabeln der Moderne“, schreibt Holzbauer. Wer weiß, wie die Parscher Kirche aussähe, wäre der junge Mann mit der Andrea Doria untergegangen.

Die Briefe, die er damals nach Hause schrieb – vorwiegend an seinen Studienkollegen Friedrich Achleitner – sind natürlich auch eine Fundgrube für Literaturfreunde, denn Holzmeisters Sprachspiele stehen ganz im Bann der Wiener Gruppe: „Mei liwa frids haudujudu…“

Er hatte immer was zu erzählen, zum Beispiel aus „Nuyork“, wo er auf dem damals höchsten Gebäude der Welt stand: „Buberl das is fei hoch – dreimal na dreissig mal so hoch als wi der Maddighofner Kirchdurm.“ Überhaupt: „Disses Nuyork is einfach größer als Du glaubst.“

Wilhelm Holzbauer: meiself in bosdn. briefe aus amerika. Verlag Müry Salzmann, Salzburg 2012. 108 Seiten, 19 Euro – www.muerysalzmann.at
Heute Donnerstag (31.5.) ist Wilhelm Holzbauer um 19 Uhr Gast bei der Architektenkammer Salzburg. Er liest, und auch Friedrich Achleitner, der Adressat der Briefe, wird anwesend sein. Es ist die Auftaktveranstaltung zu den Architekturtagen 2012 - www.architekturtage.at
Zum Vorbericht über die Architekturtage 2012 Anders – und wenn geht: schöner – wohnen 

 

DrehPunktKultur - Die Salzburger Kulturzeitung im Internet ©2014