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"Todesmuseum" mit Unterhaltungswert

BUCHBESPRECHUNG / MYSTISCHES SALZBURG

02/12/11 Um die Vielfalt Salzburgs zu erleben, müsse man, so schreibt Peter Pfarl, „hinuntersteigen in die Tiefen der Gassen und Plätze, in die Krypten und Keller, und wer aufgeschlossen genug ist, kann dort erleben, wie mystisch diese Stadt ist, … manchmal auch böse und grausam“.

Von Reinhard Kriechbaum

Nun denn: Die Ambivalenz zwischen Hochglanz-Schönheit und tendenzieller Vernebelung zeigt sich schon auf den ersten Illustrationsseiten in den Fotos von Toni Anzenberger: zwischen Werfener Eishöhle und Katakomben in St. Peter, zwischen Wolkenbauschen beim Wiesbachhorn und scheinbar ungetrübtem Barockhimmel im Salzburger Dom. Peter Pfarl ist ein so belesener wie munter dahin plaudernder Erzähler. Seine Geschichten nehmen es locker auf mit der pfundigen Bildkraft.

Freilich, eines beklagt der Autor zurecht: In einer Zeit, da der Wintertourismus voll nach den Bergen greift, stehen die Zeichen für Kasmandl und Wintersennin nicht ganz so gut. Umso besser, dass Peter Pfarl sich längs und quer durch die einschlägigen Sagenbücher gearbeitet hat und wenigstens weiß, wie’s war. Eine brennende Sau, die bei Maria Alm umging, oder die fliegenden Gämsen vom Kröndlhorn würde man zu gerne unter Artenschutz stellen. Nicht alles hat gleich von vornherein Angst eingejagt: Eine Wildfrau, langhaarig, blond, der Liebe nicht abgeneigt, fände auch heutzutage ihre Sympathisanten. Von einem Bauern in Anif geht die Kunde, dass er sich „voller Einfalt ohne Scheu“ zu einer solchen Wildfrau gelegt habe, was bei der ihm nachspionierenden Bäuerin aber nicht so gut angekommen ist. Keine dramatischen Folgen in diesem Fall, bloß eine Standpauke der Wildfrau in Sachen ehelicher Treue. Manche Geschichten halten eben nicht ganz, was sie versprechen.

Die Dürrnberger Salzknappen hatten treue Bergmännlein als Helfer. Aber die ließen sich nicht mehr blicken, nachdem die Bergleute eine christliche Kirche errichtet hatten. Diese Geschichte könnte uns lehren, dass zu viel Bigotterie nicht gut tut. Auf dem Dürrnberg haben, nebenbei bemerkt, schon die Kelten ihrer „Großen Mutter“ gehuldigt. Seit 1357 (spätestens) spielt dort Maria die geistliche Hauptrolle.

Von den Kelten wird erzählt, von den Wandermönchen und -bischöfen, „von Säumern, Bergleuten und Schiffern“, von ausgewiesenen Protestanten, „“Allerlei Geschichten von Wallfahrtsorten“. Und dann ist’s seitenmäßig nicht mehr weit zum Brauchtum, zu Rangglern und „Gasslbuben“ – das sind jene, die taten, wogegen Abraham a Santa Clara wetterte: „Das Buhlen, welches sie Fensterln taufen.“

Thomas Bernhard wird zitiert, der in Salzburg einen „fürchterlichen Friedhof der Phantasien und Wünsche“ zu sehen glaubte, ein „allen Niedrigkeiten offenes Todesmuseum“. Da schon lieber Carl Zuckmayers „Salzburger Nachtphantasie“, angeregt und angetrunken im Müllner Bräu und Peterskeller…

Peter Pfarl, Toni Anzenberger: Mystisches Salzburg. Sagenhaft – urwüchsig – verborgen. 176. Seiten. Verlag Anton Pustet, Salzburg 2011. € 25.-

 

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