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Fuchs unter Menschen

BUCHBESPRECHUNG / KLAR / HIMMELWÄRTS

07/05/20Himmelwärts verbindet Poesie mit klaren politischen Ansagen zu einem ungewöhnlichen und hochaktuellen Roman.“ So kündigt der Residenz Verlag den neuen Titel von Elisabeth Klar an - und verspricht damit nicht zu wenig. Der Roman ist ein Kunstwerk surrealer Literatur.

VON VERENA RESCH

Das „Himmelwärts“, das dem Roman seinen Titel gibt, ist eine Bar, die für Sylvia und ihre Freunde Jonathan, Feo, Antonio, Adin und Ronaldo zum sicheren Zufluchtsort geworden ist, wo sie so sein können, wie sie sich fühlen: Ronaldo, der als Rechtsberater für queere Flüchtlinge arbeitet und abends im „Himmelwärts“ als Drag Queen auftritt. Oder der transsexuelle Feo, in dessen Pass noch der Geburtsname „Clara“ steht.

Die Hauptfiguren aber sind Sylvia und der träumerische Weltretter Jonathan. Sylvia, eine Füchsin in Menschengestalt, musste das Leben als Menschenfrau erst erlernen und noch immer lassen sich ihre Instinkte nicht vollständig unterdrücken. Obwohl die gestohlene Menschenhaut ihr Schutz bietet, lebt sie in der ständigen Angst, ihre wahre Identität könnte von den falschen Personen aufgedeckt werden – nur im „Himmelwärts“ muss sie ihre Krallen und die pelzige Stelle an ihrem Unterarm nicht verbergen.

Der Raum für sie alle, die anders denken und fühlen, anders aussehen oder eine andere Herkunft haben, wird immer enger, die Bedrohungen für sie immer mehr. Sylvia weiß, „dass auch für Menschen das eine Leben etwas wert ist und das andere eben nicht. Sie hat nie ganz verstanden, nach was das bemessen wird.“ Das müssen vor allem Jonathan und Feo erleben, die als Aktivisten nach Brasilien gehen. Hier müssen jene, die in sexueller Hinsicht nicht den gesellschaftlichen Normen entsprechen, stets in der Angst vor gewalttätigen Angriffen leben.

Nach ihrer Rückkehr wird deutlich, wie sehr Jonathan an den Herausforderungen der gesellschaftlichen Situation leidet. Er ist ein Idealist, der beinahe daran zerbricht, mit seiner Arbeit als Aktivist nie allen Menschen helfen zu können: Was die Ärzte zunächst für einen Tumor halten, entpuppt sich als blau gefiedertes Flügelpaar. Die Flügel lassen Jonathan jedoch nicht fliegen, sondern werden zur körperlichen Belastung: „Wenn ich Flügel krieg, wieso tut das dann so verdammt weh?“

Doch zurück in Österreich müssen Jonathan und Feo feststellen, dass sich auch hier das Klima verändert und sich das Land in eine Richtung entwickelt, die ihnen Angst macht – Stichwort „Vermummungsgebot“ und „sofortige Abschiebung straffälliger Flüchtlinge“. Die politischen Anspielungen auf die gegenwärtige politische Situation sind unübersehbar. Höchst poetisch und zugleich brandaktuell ist die Verwandlungsgeschichte, mit der Elisabeth Klar einen außergewöhnlichen Roman vorgelegt hat, der sich von der breiten Masse der Buchneuerscheinungen abhebt und das – oft schmerzlich vermisste – Gefühl zurück gibt, wieder einmal etwas wirklich Neues gelesen zu haben.
So leicht wie die fantastische Geschichte während der Lektüre scheinbar daherkommen mag, so schwer wiegt jedoch ihr Inhalt, dessen Aussagekraft noch lange nach dem letzten Satz nachhallt.

Elisabeth Klar: Himmelwärts. Roman. Residenz Verlag, Salzburg - Wien 2020. 160 Seiten, 20 Euro. Auch als e-book erhältlich - www.residenzverlag.com
Foto: Residenz/Werner Robitza

 

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