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Nicht so einfach zu lesen wie Asterix

BUCHBESPRECHUNG / SALZBURGER ARMENBIBEL

10/04/20 Ein Cartoon, würde man vielleicht heute dazu sagen. Christus steigt mit segnend erhobener Hand putzmunter aus dem Grab, alle Totenblässe ist aus seinem Gesicht gewichen. Die ockerfarbenen Wangen sind ja eines der stilistischen Erkennungszeichen der vielen Figuren in der Salzburger Armenbibel aus dem Erzstift St. Peter.

Von Reinhard Kriechbaum

Was sich die meisten Leute unter einer Armenbibel vorstellen: ein Buch, bei dem Bilder wesentliche Geschichten und Inhalte des Alten und Neuen Testaments deutlich machen, also den Text ersetzen. Eine Art Religionsunterricht mithin für Menschen, die nicht Lesen und Schreiben gelernt haben.

Da drängt sich natürlich die Frage auf: War es vor Erfindung des Buchdrucks nicht höchst aufwändig, ein solches Buch aus kostbarem Pergament, mit handgemalten bzw. gezeichneten Illustrationen just für für Analphabeten anzufertigen?

Karl Forstner, ehemals Leiter der Universitätsbibliothek Salzburg, hat die im Verlag Pustet neu aufgelegte Salzburger Armenbibel kommentiert. Er klärt den Irrtum gleich auf der ersten Seite auf: Nicht der Buchstaben unkundige Menschen waren die Adressaten einer solchen Biblia pauperum. Diese irrige Erklärung kam erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts auf. Im Mittelalter verstand man unter dem Begriff eine meist bildlose Kurzfassung der Bibel für Bettelmönche und arme Kleriker.

In der Salzburger Armenbibel, dem Codex a IX 12 in der Stiftsbibliothek von St. Peter sind die Bilder unter anderem von Bibelsprüchen und gereimten Kurzfassungen der jeweiligen Inhalte umgeben. Also gar nicht wenig Text. Als Zielgruppe dürfen wir uns in dem Fall vielleicht Klosterschüler vorstellen, jedenfalls schriftkundige Leute zumindest mit theologischem Basiswissen. Jedenfalls kann man dieses biblischen Comic aus dem Hochmittelalter nicht hernehmen wie eine Geschichte von Asterix. Die Bilder sind nicht so aneinander gereiht, dass sie auf unkomlizierte Weise eine zusammenhängende Geschichte ergäben.

Es stehen jeweils Szenen aus dem Leben Jesu in unmittelbarer Nachbarschaft zu solchen aus dem Alten Testament. Da findet man neben der Auferstehung Jesu den Riesen Samson, der den Tempel der Philister zum Einsturz brachte, so wie Jesu mit seinem Tod die alte Religionsordnung. Außerdem den Propheten Jonas, den der Walfisch ausspuckt – der also wie Jesu eine Art Auferstehung erlebte. Neben der Kreuzigung steht auf der einen Seite Abraham, der im Begriff ist, Isaak zu opfern, auf der anderen sehen wir Moses mit der ehernen Schlange – ein Rettungs-Symbol. Verbunden sind also neutestamentliche Aussagen mit solchen aus der alten Schrift, in denen Theologen Hinweise auf das kommende österliche Erlösungswerk sehen. Klar, dass die Versuchung Jesu durch den Satan ihre Entsprechung im Sündenfall findet.

Die Blätter aus den Jahren bald nach 1360/70 wurden im Lauf des 15. Jahrhunderts so in Buchform gebracht, wie sie jetzt überliefert sind. Schön, den Reprint in die Hand zu nehmen. Der Einband des liebevoll ausgestatteten Buchs suggeriert das geprägte Leder des Originals. Es ist natürlich kein Faksimile (das anderen  buchmacherischen Erfordernissen genügen müsste). Die Pergamentseiten sind – quasi als Buch im Buch – fotografisch, aber in hoher Qualität reproduziert.

Salzburger Armenbibel, Codex a IX 12 aus der Erzabtei St. Peter zu Salzburg. Verlag Anton Pustet, Salzburg 2020, 49 Euro – www.pustet.at

 

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