415 Stolpersteine und ein Spuckpodest
BUCHBESPRECHUNG / UNNÜTZES SALZBURG-WISSEN
06/03/20 Zwar gibt es 415 Stolpersteine in Salzburg, aber über die Poller, die eine möglichst autofreie Innenstadt sichern sollen, sind 395 Menschen gestolpert, zu Fuß, per Fahrrad oder das Auto nicht ganz konzentriert oder auch zu forsch lenkend. Das ist jedenfalls die Zahl der Unfälle zwischen 2011 und 2017. Unnützes Salzburg-Wissen?
Von Reinhard Kriechbaum
Erstens, was zu wissen ist schon unnütz? Und zweitens: Man kann doch überhaupt nicht genug über unsere nette kleine Landeshauptstadt und das Bundesland wissen. Na ja, vielleicht doch. Dass 500 Kopfweiden den Almkanal säumen, muss man nicht unbedingt im Hinterkopf haben, doch trägt es einem in Naturschutz-Diskussionen gewiss den Respekt der Zuhörenden ein. 621 Bäume säumen die Hellbrunner Allee. So könnte ein eifersüchtelnder Gesprächspartner kontern. Was vielleicht nicht einmal mal die Naturkundigen ahnen: Es gibt sage und schreibe 608 Seen in Salzburg, davon liegen freilich weit mehr als die Hälfte, nämlich 378, in einer Höhe von 1.600 und 2.400 Metern. Für Schwimmer nicht wirklich verlockend, auch in Zeiten der Erderwärmung nicht.
Wir blättern hier im Kapitel „Zahlen und Fakten“. Dass 2018 weltweit sage und schreibe 6.790.000.000 Red-Bull-Dosen verkauft wurden, lässt uns staunen und wir sinnieren über die Dunkelziffer, wie viele davon achtlos im Grünen entsorgt und nicht recycelt worden sind. Mit dieser Zahl kann logischerweise auch ein Buch mit Unnützem Salzburg-Wissen nicht aufwarten.
Dass auffallend viele Salzburger Straßennamen mit S beginnen, nämlich 109, diese Spitzenreiter-Position wollen wir diesem Buchstaben nicht streitig machen. Freilich wären uns 108 Straßennamen mit S lieber, denn der Name Stelzhamer ist uns ob der antisemitischen Einstellung des Schriftstellers höchst suspekt. Letzteres steht natürlich nicht im Büchlein mit Unnützem Salzburg-Wissen, aber irgendwie müssen ja auch wir mit Hintergrund-Wissen auftrumpfen.
Wenn wir das nächste Mal eine Ewigkeit aufs Öffi warten müssen, soll uns ein Trost sein: Das O-Bus-Liniennetz ist 124 Kilometer lang, und so braucht's eben manchmal eine Weile. 170 Kisten Bier sind die Maximalbelastung für den Reißzug auf die Festung. Die 7.000 Hostien, die man pro Monat im Dom austeilt, wiegen nur einen Bruchteil davon.
Makabres gefällig? Als Fürsterzbischof Guidobal von Thun gestorben war, hatten die Anatomen viel zu tun, denn sein Herz, das fürs Priesterseminar geschlagen hatte, wurde entnommen und kam in die Dreifaltigkeitskirche. Für die Eingeweide war – sehr sinnig! – die St.Johannes-Spitalskirche vorgesehen, das Gehirn aber kam (angeblich) in die Kollegienkirche, die Hauskirche der Universität, was auch eine gewisse Logik hat. Freilich: Von den fürsterzbischöflichen Ganglien fand sich bei der Restaurierung der Grüfte keine Spur.
Um mit Vergnüglicherem zu enden: Was hatte es mit dem steinernen „Spuckpodest“ in den Dombögen am Ende der Franziskanergasse auf sich? Lange Zeit meinte man, die beiden unauffälligen Steinstufen hätten den Erzbischöfen beim Aufsteigen aufs Pferd gedient. In Wirklichkeit wurden dort untreue Beamte quasi an den Pranger gestellt und vom Volk bespuckt. Ein Beitrag zur Erwachsenenbildung, der uns irgendwie sympathisch ist.