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Mehr als nur von einer Stimme verzaubert

BUCHBESPRECHUNG / RICHARD TAUBER

13/12/17 Ein neues Buch über den Jahrhundert-Tenor Richard Tauber kommt gerade recht für den weihnachtlichen Gabentisch und zum 70. Todestag am 8. Jänner. Heide Stockinger und Kai-Uwe-Garrels, beide „vertaubert“, legen mit „Tauber, mein Tauber“ eine Essaysammlung vor, die gottlob keine Hagiographie ist, sondern eine kritische Liebeserklärung.

Von Gottfried Franz Kasparek

Richard Tauber, das Theaterkind aus Linz, der „Mann mit dem Monokel“, der Lehár-Tenor, der Opernstar, der Filmheld, der Schlagersänger, das lebenslange große Kind – vor allem: ein Mann mit goldener Stimme und souveräner Musikalität. 24 Kapitel, je 12 von der Linzer Literaturredakteurin Heide Stockinger und vom Lübecker, zum Wahl-Österreicher gewordenen langjährigen Dramaturgen des Lehár-Festivals Bad Ischl und Medienspezialisten Kai-Uwe Garrels, umkreisen ein Phänomen, dessen Faszination bis heute wirkt. Geschrieben ist das mit Liebe zum Detail, mit Witz und Laune und dennoch mit Tiefgang. Es ist keine chronologische Biographie – die gibt es in Kurzform im Anhang –, sondern eine Sammlung von „Annäherungen“. Gespickt mit vielen, teilweise zum ersten Mal veröffentlichten Bildern. Die beiliegende CD bringt weniger die üblichen „Tauberiana“, sondern rare Aufnahmen mit des Sängers Lebenspartnerinnen im Duett, mit Vergleichen mit Freunden. Denn Tauber war ein neidloser Künstler, der mit einem Joseph Schmidt, einem Tino Pattiera als Dirigent arbeitete. Ein Meister des Taktstocks war er nämlich auch, nicht nur in der leichten Muse. Auch der Komponist Tauber kommt vor, mit einigen gediegenen Schlagern – auf eine nähere Beschäftigung mit seiner Jugendoper „Die Sühne“ zum Beispiel muss man noch warten. Dafür entschädigt etwa eine „Gralserzählung“, live aufgenommen in den Niederlanden 1939 (!), die Gänsehaut erzeugt. Schöner kann man Wagner nicht singen.

Kai-Uwe Garrels hat eine bewundernswerte Menge an Fakten zusammengetragen, blendend recherchiert, elegant nacherzählt. Heide Stockinger steht für den „weiblichen Blick“, der in Anbetracht eines Textes wie „Gern hab ich die Frau’n geküsst, hab nicht gefragt, ob es gestattet ist…“ auch irritiert sein kann. Aber das Objekt immer mit Achtung vor der künstlerischen Leistung anschaut. Die Texte hinterfragen oft im besten Sinne und rücken Legenden zurecht. So ist Tauber nie völlig zur Operette abgewandert, sondern hat seine Karriere als exemplarischer Mozart-Interpret und stilbildender Liedsänger immer weiter verfolgt.

Und was der Mann alles gesungen hat! Vom Paul in Korngolds „Die Tote Stadt“ und vielen Uraufführungen heute vergessener Opern bis zu „Ich küsse ihre Hand, Madame“ oder „La Paloma“. Und alles, was er singt, ist veredelt durch eine innere Ehrlichkeit, eine sagenhafte Stimmtechnik und eine Fähigkeit zur Kantilene, die bis heute ihresgleichen suchen. Sein Don Ottavio in Mozarts „Don Giovanni“ und sein Octavio in Lehárs „Giuditta“ wären auch heute noch in jedem Opernhaus ein Triumph. Obwohl er kein „Ritter vom hohen C“ war, sondern ein König der Ausdruckskraft, gesegnet mit einem nach zwei Tönen unverkennbaren Timbre von Samt und Seide.

Stockinger und Garrels beleuchten die sogar die Nazizeit überdauernde Freundschaft Taubers mit Franz Lehár, der ein Kind seiner Zeit und eben doch ein genialer Melodiker war. Das Politische kommt nicht zu kurz, ein „garstig Lied“, vor dem der Tenorliebling Deutschlands als „Halbjude“ nach London flüchten musste. Und dort – Lehár sang und Wagner dirigierte. Man liest dieses Buch mit Genuss und Gewinn, als Liebhaber großer Stimmen und Mensch mit zeitgeschichtlichem Interesse.

Heide Stockinger/Kai-Uwe-Garrels: Tauber, mein Tauber. Verlag Bibliothek der Provinz, Weitra 2017. 28 Euro – www.bibliothekderprovinz.at

 

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