Kein uralter Organist, dafür neue Töne
HINTERGRUND / PAUL HOFHAIMER TAGE
24/05/16 „Kunst und Kultur sind keine Privilegien großer Städte“, sagt Elisabeth Schneider. „Im Gegenteil: Radstadt mit seinen knapp 5.000 Einwohnern präsentiert sich seit dreißig Jahren mit einem Konzertprogramm auf höchstem Niveau.“
Von Reinhard Kriechbaum
Zum dreißigsten Mal gibt es die „Paul Hofhaimer Tage“ in Radstadt, das Festival beginnt morgen Mittwoch (25.5.). Anfangs ging es um die Entdeckung des bedeutenden Radstädter Musikers und Organisten Paul Hofhaimer, seine Herkunft, seine musikalische Biografie, die Aufführung seiner wenigen erhaltenen Kompositionen. „Über die Jahre hat sich eine Veranstaltungsreihe entwickelt, die dem Publikum neben alter Musik auch neue Töne zugänglich machen sollte“, erklärt die Programmgestalterin und Leiterin des Kulturvereins „Das Zentrum“, Elisabeth Schneider. „Das positive Zusammenspiel vieler Faktoren ermöglichte es über einen Zeitraum von dreißig Jahren, einen Festivalgedanken zu etablieren und konsequent weiterzuentwickeln.“
Nicht die großen Namen seien das Erfolgsrezept, sondern „die von gegenseitiger Wertschätzung und Freundschaft getragenen Beziehungen zu Musikerinnen und Musikern.“ Ein Beispiel für viele junge, experimentierfreudige Musiker, die man quasi auf Langstrecke an das Radstädter Festival gebunden hat, ist der 1970 geborene Hannes Raffaseder. Seit 2002 ist er als Musiker, Komponist, Medienkünstler und Eröffnungsredner immer wieder Gast des Festivals. „Die über viele Jahre wertschätzende Zusammenarbeit ist Basis für die, dem Jubiläumsfestival gewidmete Komposition“, freut sich Elisabeth Schneider. Das Stück „Der Stein, der Wind, das Wasser, die Erde“ wird am Donnerstag (26.5.) in der Produktionshalle der Firma Fa. K-tec in Radstadt von der Philharmonie Salzburg unter Elisabeth Fuchs aus der Taufe gehoben. Dieses Konzert ist zwar nicht das erste der Hofhaimer-Tage (es geht schon am 25.5. mit einem Konzert des Vokalensemble „Hohes C“ in der Stadtpfarrkirche los), aber das Orchesterkonzert am Fronleichnamstag ist nach langjähriger Gewohnheit jenes, in das auch die Festrede eingebunden ist: Diesmal hat man dafür den ORF-Musikredakteur Albert Hosp eingeladen.
„Mehrmals waren die Paul Hofhaimer Tage für mich ein perfektes Umfeld für die Umsetzung musikalischer Ideen, und sie sind für mich zu einem wichtigen Ankerplatz für meine künstlerische Arbeit geworden, zu dem ich immer wieder gerne zurückkehre“, sagt der Komponist Hannes Raffaseder. 2012 hat er nicht nur eine Klanginstallation auf dem Stadtplatz eingerichtet, er war damals auch Eröffnungsredner und wählte dafür den Titel „Hören im Moment“. Aber genau bei einem Moment ist es für ihn eben dort nicht geblieben. Schon 2002 war die Auftragskomposition S/T/E/I/N (gemeinsam mit Kurt Hörbst) in einem multimedialen Konzert bei den Hofhaimer-Tagen uraufgeführt worden. 2005 war seine Musik Teil eines literarischen Abends mit Andrea Winkler („Arme Närrchen. Selbstgespräche“). 2007 richtete er den „Medienkirtag“ am Stadtplatz aus, in Zusammenarbeit mit Kurt Hörbst und Fachhochschule St. Pölten. Dort ist Raffaseder auch für Forschung und Wissenstransfer verantwortlich.
In dem neuen Stück „Der Stein, der Wind, das Wasser, die Erde“ geht es Hannes Raffaseder „um das Aufspüren und Fühlen von Stimmungen, von (musikalischen) Räumen, um Erinnerung und Sehnsucht, um Nachklang und Widerhall, um Konstanz und Veränderung, um formende Kräfte“.
Aus dem vielfältigen Programm bis Sonntag (29.5.): Seit 2010 schon ist das Minetti-Quartett Stammgast in Radstadt. Diesmal musiziert es mit dem Klarinettisten Matthias Schorn. Das Trio Alba hat eine Uraufführung von Helmut Jasbar („Fluchtstücke“) im Gepäck. Für höchstes Chormusik-Niveau steht die „Company of Music“ von Johannes Hiemetsberger. „Die Strottern“ lassen Wienerlied und alpenländische Stubenmusik zusammentreffen, heimische Jung-Organisten lassen sich auf dem Instrument in der Stadtpfarrkirche hören, das Mollner Mailtrommler-Trio spielt im Wirtshaus auf: also wirklich ein weiter stilistischer Horizont.
Dem Dirigenten Bernhard Schneider fehlt es nie an Wagemut, wenn er im Hofhaimer-Chor und -Orchesters Laien aus der Region Enns-Pongau und Professionisten zusammenführt. Diesmal hat er sich Bachs „Magnificat“ und Vivaldis „Gloria“ vorgenommen, dazwischen Arien aus Händels „Messias“ mit Maria Hauer, Virgil Hartinger und Thomas Rettensteiner. Dieses Abschlusskonzert der 30. Hofhaimer-Tage findet am Sonntag (29.5.) in der Produktionshalle der Fa. K-tec statt: Dieser Raum hat sich seit über einem Jahrzehnt bewährt als „Großes Festspielhaus“ in Radstadt.