Du hörst mir ja doch nie zu
HALLEINER FESTWOCHEN / LESUNG FRITZ KARL
16/06/15 Auf den heimischen Bildschirmen ist er häufiger Gast, der österreichische Theater- und Filmschauspieler Fritz Karl. Bei den Halleiner Festwochen entzückte er dieser Tage das zahlreich erschienene Publikum im Stadttheater. Mit dabei: das Ensemble „Tango de Salón“.
Von Elisabeth Aumiller
Karl las humorvoll-zynische Kurzgeschichten des brasilianischen Satirikers und Bestsellerautors Luis Fernando Verissimo aus der deutschen Ausgabe „Kleine Lügen. Die besten Storys aus: Du hörst mir ja doch nicht zu...“
Man erlebte eine Lesung der besonderen Art, die im Verein mit den virtuos und feurig musizierten Klängen der exzellenten Tangoband zu einem ebenso unterhaltsamen wie spannenden Theaterabend wurde. Karl zog alle Register seiner facettenreichen Schauspielkunst. Aus jeder Geschichte machte er eine in sich geschlossene kleine theatralische Szene. Pointiert färbt er in nuancenreicher stimmlicher Charakteristik die Personen der erzählenden Handlung. Karl gehört noch zu den heute selten gewordenen Schauspielern, die eine Sprache in geschulter Artikulation führen und damit nicht nur erstklassig verständlich sind, sondern auch jede Phrase ihrem Inhalt gemäß zu gestalten verstehen. Ein weites Spektrum zwischen Heiterkeit und hintergründigem Ernst wurde hier brillant vermittelt.
Der Liebe in all ihren Spielarten wird in diesen geschichten auf vergnügliche Weise gehuldigt. Hinreißend geschildert ist das Ehepaar, das sich nach einer gemeinsam im Hotel verbrachten Nacht trennt, weil vonseiten der Freunde und Bekannten getuschelt wird, die Frau wäre mit einem Liebhaber und der Ehemann mit einer Geliebten beim Verlassen des Hotels gesehen worden. Welch ein Skandal! Oder der Ehemann, der seiner Frau ein Liebesverhältnis vorwirft, um das eigene zu vertuschen. Oder „die Leute wollen Gewalt und Sex , aber keine Fischergeschichten“. Die Szenerie variiert zwischen Alltäglichem, Schrägen und völlig utopischer Fantasie. Manchmal geht es brasilianisch zu, dann wieder ganz „normal“. Kleine Lügen sollen über menschliche Schwächen hinwegtrösten, weil man die Wahrheit für zu unglaubwürdig hält. Kabarett, literarische Feinheiten, Skurriles, Seriosität, Humor und Ironie liegen dicht beieinander und Karl fächert die unterschiedlichen Facetten meisterhaft auf. Als Zugabe brilliert der Schauspieler noch mit einer Geschichte von H.C. Artmann im saftigen Wiener Dialekt.
„Tango de Salón“ , das Quintett aus Klavier, Geige, Bandoneon, Gitarre und Kontrabass, punktet mit tänzerischem Salontango in rhythmischem Feuer und reichen Varianten, sowohl aus der Gründerzeit des Tangos als auch neuen Formen, unter anderem von Carlos Gardel, Anibal Troilo und Astor Piazzolla. Auch Virtuoses vom russischen Tango findet sich in der reichen Auswahl. Ein Abend zum Freuen, Genießen, Lachen.