Eine Geigen-Beschwörung
RADSTADT / HOFHAIMER TAGE
06/06/12 Klassik in unterschiedlichsten Spielarten: Heute Mittwoch (6.6.) spielt die Geigerin Annelie Gal in der Loreto Kirche. Zu Fronleichnam (7.6.) ist das viel gepriesene Minetti Quartett Gast auf Schloss Höch. Tags darauf ist die Pianistin Karin Marsoner im Zeughaus am Turm zu hören.
„Incantation“ (Beschwörung) nennt Annelie Gal ihr Programm für Solovioline. „Durch die Jahrhunderte bedeutete die Auseinandersetzung mit diesem vorerst begrenztem Klangraum - der menschlichen Stimme so nah - eine besondere Herausforderung für die Komponisten“, erklärt die aus Salzburg stammende Geigerin. „Ergebnis waren bahnbrechende Erweiterungen der violinistischen Klangwelt und Stücke, die durch die Intensivierung der Stimme des Einzelnen in seiner Suche nach dem Absoluten, zu den persönlichsten der Komponisten zählen.“
"Pour une communion sereine de l´être avec le monde" hat André Jolivet 1936 ein Flötenstück genannt, das Annelie Gal für ihr Instrument bearbeitet hat. „Kosmische Allerfahrung“ meint die Geigerin in „L’âme aillée“ (1973) von Giacinto Scelsi zu finden, „meditative Schlichtheit“ in einem Stück von Morton Feldman und „atmendes Fließen“ in einem Werk, das Christian Muthspiel „Augenblicke“ genannt hat. Bach und die famose Passacaglia aus der „Schutzengelsonate“ von Heinrich Ignaz Franz Biber stehen für barocke Erkundungen geigerischer Grenzwerte – alles in allem eine höchst spirituelle Auseinandersetzung mit den solistischen Optionen der Geige.
Annelie Gal war Mitglied der Camerata Salzburg, hat aber auch in Nikolaus Harnoncourts Concentus Musicus Wien gespielt und in der Wiener Akademie, einem Originalklangorchester von Martin Haselböck. Sie ist auch Geigerin in der Capella Duna Mobile, die am Samstag (9.6.) am frühen Abend im Schoss Höch spielt. Das Programm „Via, Via!“ führt das auf Barockinstrumenten spielende Ensemble entlang der Donau. Schon im 17. Jahrhundert gelangten unter anderem auch musikalische Flüchtlinge ans Schwarze Meer, und begegneten dort dem Anderen in Sprache, Landschaft, Musik und Kultur. Die Vielfalt der Volksmusik in den Donauländern hat viele Komponisten unmmittelbar angesprochen. Nicht nur Sinti und Roma, auch Volksmusikanten anderer Völker sind herumgezogen und haben Melodien verbreitet. „An den Donauufern bildeten sich weithin bekannte Zentren der musikalischen Hochkultur, wie am Hofe Ferdinands III. und Leopolds, wo Johann Schmelzer sein Lamento komponierte – ein anderer Blick auf Ferne, Dasein und Vergänglichkeit, während der kulturelle „Schmelztiegel“ der Habsburger Monarchie brodelte.“
Hoffentlich ist das Wetter schön, denn vor diesem Konzert lädt man ab 16 Uhr zu einem musikalischen Picknick im Garten von Schloss Höch (bei Schlechtwetter in den Räumen des Schlosses). Die Musik liefert das Duo Schnedl & Knaus (Gitarre und Kontrabass spielt der eine, Steirische Ziehharmonika der andere).
Wie kommt das Minetti Quartett zu seinem Namen? Der Schauspieler Bernhard Minetti beflügelte einst Thomas Bernhard zu einem Stück dieses Namens – und die beiden Geigerinnen des Streichquartetts, Maria Ehmer und Anna Knopp, stammen aus Ohlsdorf, wo Bernhard einen stattlichen Vierkanthof bewohnte. Der Cellist Paul Rozcek ist der Salzburger in dem Ensemble, das bereits als „Rising Stars“ durch die großen Konzertsäle tourte und unterdessen international besten Ruf genießt. Im Schloss Höch spielen sie am Donnerstag (7.6.) Werke von Mozart, Beethoven und das „Amerikanische Streichquartett“ von Dvorak.
Schließlich gibt es am letzten Wochenende der Hofhaimer Tage in Radstadt auch ein Wiederhören mit der jungen Grazer Pianistin Karin Marsoner. Sie hat diesmal Werke von Schubert und Beethoven ausgesucht (Freitag, 8.6., Zeughaus am Turm). (dpk)