„Fädenspiele“
HALLEIN / KUNSTRAUM PRO ARTE
30/05/11 Der Titel der Ausstellung im Kunstraum pro arte verweist auf das hier bevorzugt verwendete Material: Wolle und Stickgarn auf textilem Grund. Stofflich-haptisch die gezeigten Werke, spürbar sinnlich die Ausstellungsatmosphäre.
Von Ulrike Guggenberger
Ob Pinsel und Farbe, ob Fotografie oder Rauminstallation, kunstfein ist mit dem Aufbruch in die Moderne jedes Medium. Nicht zuletzt Nadel und Faden. Kunst ist nicht materialgebunden.
Weiß auf Weiß arbeitet Renate Hausenblas, da und dort blitzen Glasperlen. Ihre Stickarbeiten thematisieren Leistungen im Haushalt, selbstverständlichen, unsichtbar. Teller, Einmachgläser, Musikinstrumente der Kinder, sie machen aufmerksam auf den versteckt funktionierenden Haushalt. Eine schlichte Bestandsaufnahme.
Buntes Garn hingegen setzt sie für ihre Stickereien auf Polstern ein. Keine üblichen, idyllischen Motive. Die kleinen Szenen zeigen Kinder in Kriegsgebieten.
Ironisch aggressiv konterkariert Tanja Boukal die weibliche Tugend des Handarbeitens. Ausgehend von Fotografien, Frauen, die in Krisenherden selbst zur Waffe greifen, setzt sie ihr Thema in harmlos scheinender textiler Technik um. Sie gibt diesen Frauen Öffentlichkeit.
Ihre in Schwarz/Weiß gehaltenen Bilder entstehen mit Hilfe von maschineller, am Computer programmierter Strickerei. Frappanter Effekt: Steht man unmittelbar davor, nimmt man lediglich eine vertikal schwarz/weiß gestreifte Strickstruktur wahr. Nähert man sich von der Seite, entdeckt man erst die in den Maschen verborgene Darstellung: „Die im Dunklen sieht man nicht“ - dergestalt verstricken sich Inhalt und Form der Aussage ineinander.
Die Frage „Ist Handarbeiten weiblich?“ untergräbt Walter Bruno Brix. Weißes Garn, weißer Stoff, Stich für Stich, tastet Walter Bruno Brix die Konturen des männlichen Körpers ab. Einer feinen Federzeichnung vergleichbar stellt er den männlichen Akt ins Zentrum seiner textilen Arbeit. Eine Referenz an den klassischen Männerakt aus einer Zeit, als der Mann noch als der Mensch „per se“ galt. Zu sehen sind auch kleinformatige Porträts, jedes einzelne ein Kleinod, ein Gegensatz zu der überbordenden Masse heutiger digitaler Portraits.
Elfriede Wimmer abstrahiert und überträgt persönliche Erfahrungen stickend, Stich für Stich in bis zu einjähriger Arbeit, auf großformatige textile Gewebe. Wenn sich auch Verfahren und Mühe gleichen, so unterscheiden sich Inhalt und Darstellung wesentlich von den Wandteppichen, die wir aus der Kulturgeschichte der Menschheit kennen, die dem Betrachter etwas Konkretes mitteilen wollen, ein historisches Ereignis etwa oder religiöse Zeremonien.
Elfriede Wimmers Arbeiten teilen sich als Botschaften des Ich mit: „Black Box“, schwarzes Garn auf schwarzen Grund, aus einer Zeit inneren Rückzugs, „Naherholungsbebiet“, schwarzes Dreieck auf weißem Grund als zeitgenössisches Phänomen.
Pro arte hat mit dieser Ausstellung textiler Kunst neues Terrain erschlossen, spannend.