Wie quadratisch kann Sprache sein?
KULTURVEREIN KUNSTBOX / EMAILWERK / SEEKIRCHEN
11/02/11 „Sprache ist mehr, als ein Instrument zur Vermittlung von Information. Sprache ist ein immens wichtiges Kulturgut, die Grundlage für die meisten unserer Kunstformen.“ So Leo Fellinger im Gespräch mit DrehPunktKultur. „Sprache.Fremde.Heimat.“ ist das Schwerpunktthema für die nächsten zwei Jahre. Wunsch- und Fernziel: ein Sprachmuseum.
Von Heidemarie Klabacher
„Jahresthemen“ prägten bisher schon bisher das Veranstaltungsprogramm im Kulturhaus Emailwerk in Seekirchen. Neu ist die Erkenntnis aus dem Vorjahr: „In einem Jahr kommt man von der Oberfläche kaum weg.“ Daher werde man künftig ein „Schwerpunkthema über einen längeren Zeitraum spielen“, so Leo Fellinger, der Vorsitzende des Kulturvereins KunstBox Seekirchen.
"Sprache ist ein immens wichtiges Kulturgut, die Grundlage für die meisten unserer Kunstformen." Das Thema wird sich nicht nur im Veranstaltungsprogramm spiegeln: „Wir arbeiten schon seit zwei Jahren an einem Konzept für ein Sprachmuseum in der Region. Wir wollen Sprache ‚ausstellungsfähig’ machen.“
Ein mehr als ambitioniertes Unterfangen. Tatsächlich gebe es weltweit bisher nur ein einziges Sprachmuseum, ein Museum der Portugiesischen Sprache in Sao Paulo. Die kommenden zwei „experimentellen Jahre“ betrachtet man als „Labor“: „Was kann man mit Sprache machen? Wie ausstellungsfähig ist Sprache.“ Die Idee - „Aber das ist noch Zukunftsmusik“ - sei ein Sprachmuseum mit regionalem Bezug: „Wie sprachlich vielfältig ist der Alpenraum?“ Auch für Sonderausstellungen hat man schon Themen, etwa das „Meidlinger L“: „Warum gibt es dieses ‚L’ auf der ganzen Welt nur hier, in diesem kleinen Bezirk.“
Ja, ja. Das „Meidlinger L“. Ein „lateraler apikal-dentaler Konsonant“ laut Wikipedia…
Tatsächlich geht das Ganze nicht ohne solide wissenschaftliche Grundlage: „Wir kooperieren mit einem Experten von der Universität Salzburg, dem Sprachwissenschaftler und Dialektforscher Hannes Scheutz.“ Von ihm ist etwa „Drent und herent. Dialekte im salzburgisch-bayerischen Grenzgebiet“ oder „Die Dialekte des Salzkammergutes“, jeweils mit „sprechendem“ Dialektatlas auf CD-Rom.
Im Mai werde man „mit den theoretischen Grundlagen anfangen“, berichtet Leo Fellinger. Hannes Scheutz, der zentrale Kooperationspartner für den Sprachenschwerpunkt, werde einen Einführungsvortrag halten. Nicht nur das: „Um die Kunst auch hineinzubringen wird er selber Friedrich Achleitner rezitieren, und zusammen mit dem Ensemble KULTurig ein abendfüllendes Programm erarbeiten.“
Im Konzertprogramm im Kulturhaus Emailwerk soll das Sprachthema ebenfalls immer wieder in den Blick gerückt werde: etwa mit einer „Hommage an die verlorenen Sprachen“ von „die.hammerling“ oder „Du sprecken deuts?“ von Novi Sad & Tristan Jorde. „Im Übrigen werden wir uns immer wieder melden, wenn uns was eingefallen ist.“
Ein Konzert mit besonders vielfältigen Bezügen wird Abend „Der Tod und das Mädchen“ mit dem Carcassonne String Quartet und dem Autor Semier Insayif: „Die Geschichte von ‚Der Tod und das Mädchen’ ist ein Musterbeispiel der Inspiration: ein Bild, von Hans Baldung, inspiriert einen Komponisten, Franz Schubert, und dessen Musik inspiriert wieder unzählige Schriftsteller, wie Martin Walser, oder Filmemacher, wie Roman Polanski." Und jetzt eben Semier Insayif: Er gestaltet mit dem Carcassonne String Quartet eine poetische Performance.
Reihen, die Vereinsvorsitzendem Leo Fellinger und Geschäftsführerin Verena Fellinger „ans Herz gewachsen sind“, werden weitergeführt: „open stage“ etwa, oder die „o-Ton Vocal Days“, die heuer einen Obertonschwerpunkt haben werden. Die jährliche Kunstreise führt nach Venedig zur Biennale.
Ein paar Zahlen zum Schluss: 2010 war das „fünfte Volljahr“ im Kulturhaus Emailwerk. Auf dem Programm standen immer noch 151 Veranstaltungen: „Das waren zwar etwas weniger als im Jahr davor. Aber wir wollten eigentlich aus personellen Gründen runterfahren auf 120, 130 Veranstaltungen. Das ist nicht gelungen“, so Fellinger. Gestiegen sei die Zahl der Besucher: von 11.000 auf 12.000. „Weniger Veranstaltungen mehr Besucher!“ 240.000Euro beträgt das Gesamtbudget. Die laufenden Kosten seien um zwei Prozent gestiegen, die Eigeneinahmen etwa aus Vermietung um sechs Prozent, die Einnahmen aus Workshops und Eintritten gar um 23 Prozent. Größere Steigerungen seien beim jetzigen Personalstand nicht mehr drin. „Ein schönes Ergebnis - sauber schuldenfrei. Wir sind ganz zufrieden.“