„Ein bisserl gescheiter als der Papa“
REPORTAGE / VOLKSKULTUR / DIRIGENTINNEN
29/10/24 Während die Zahl der Musikerinnen in den Blasmusikkapellen stetig zunimmt, sind Kapellmeisterinnen eher eine Rarität. Sieben aktive und zwölf stellvertretende zählt der Salzburger Blasmusikverband. Bei 147 Blasmusikkapellen im Bundesland. Es ist aber wie in der Chorszene: Es gibt immer mehr Frauen, die sich für die Kapellmeisterausbildung oder für jene zur Chorleiterin interessieren.
Bis eine Dirigentin, Kapellmeisterin oder Chorleiterin vor einer Blasmusikkapelle oder einem Chor steht, verlaufen ihre Wege unterschiedlich. Manchen ist ihr Weg dorthin schon immer klar gewesen. So erzählt Antonia Hammerschmid aus der Musikkapelle Leogang, dass ihr Papa Kapellmeister sei und sie schon als Kind gewusst habe, einmal die Kapellmeisterausbildung zu machen. Stefanie Hallinger von der Trachtenmusikkapelle Altenmarkt hat einen ähnlichen Zugang: „Bei uns am Küchentisch wird relativ viel über ‚die Musi‘ geredet. Und da der Papa auch Kapellmeister ist, möchte ich in einer Sache ein bisserl gescheiter sein als er.”
Die Kapellmeister- und Chorleiterausbildung am Musikum Salzburg dauert drei Jahre und ist eine Kooperation von Musikum und Salzburger Chor- und Blasmusikverband. Lydia Grissenberger, nicht nur frischgebackene Chorleiterin, sondern auch frischgebackene Mama, gibt einen Einblick in ihre Erfahrungen: „Mir hat die Ausbildung Spaß gemacht, es war immer eine Vorfreude auf den nächsten Mittwoch. Natürlich war manchmal auch ein bisschen Aufregung und Anspannung dabei, wenn ich etwas Neues vorbereiten musste. Es war aber immer eine freudige Anspannung, weil der Rahmen so fein war und das Dazulernen für mich im Vordergrund gestanden ist. Ich war acht Wochen in Mutterschutz und bin dann wieder eingestiegen. Auch das ist super gegangen, weil mein Mann und unsere kleine Tochter den gemeinsamen Abend bestens gemeistert haben. Mit der fertigen Ausbildung bin ich als Chorleiterin selbstbewusster geworden. Ich arbeite nicht mehr nur intuitiv, sondern ich weiß jetzt einfach, ich habe das gelernt. Mit diesem Bewusstsein ist es eine fundiertere Herangehensweise. Vieles musste ich mir vor der Ausbildung genau durchüberlegen und jetzt geht es aus dem ff.”
Neben dem Dirigieren an sich ist vielseitiges Wissen gefragt: von Harmonielehre und Gehörbildung bis zur Instrumentenkunde und zum Partiturstudium. Das Wichtigste ist aber das soziale Gespür. „Man hat alle Gesellschaftsschichten in der Blasmusik. Da ist es wichtig, dass man eine gute Sprache wählt. Da ist es wichtig, dass man sozial kompetent ist”, so Klaus Vinatzer, Direktor des Musikum Bischofshofen/ St. Johann und Landeskapellmeister-Stellvertreter in Salzburg. Johanna Stofferin von der Bürgermusik St. Johann im Pongau. erklärt es so: „Du lernst ja nicht nur Instrumente zu dirigieren, sondern auch die Menschen dahinter.” Katarina Schoisswohl von der Trachtenmusikkapelle Flachau betont: „Du musst zuerst einmal damit fertig werden, vorne zu stehen und von jedem angeschaut zu werden.” Die Ausbildung erfordere es auch, über den eigenen Schatten zu springen und sich selbst aus der Komfortzone zu bringen.
Magdalena Huber, seit Juli Chorleiterin, erzählt: „Für mich war das Vor-dem-Chor-stehen, sich weiterentwickeln und Selbstbewusstsein bekommen im Vordergrund. Auch die Tipps und Tricks, die ich mitnehmen konnte, waren sehr wertvoll. Schön war natürlich auch, dass man von den Beobachtungen in der Runde viel lernen kann. Ich wende das Gelernte tagtäglich bei meinen Schülerinnen und Schülern an.”
Laura Lebesmühlbacher ist die erste Kapellmeisterin in der Geschichte der Musikkapelle Anthering. Nach Abschluss der Querflöten-Ausbildung am Musikum (mit „Musikum Gold“) habe sie „eine neue musikalische Herausforderung gesucht und diese in der Kapellmeisterausbildung gefunden“, erzählt sie. „Parallel hatte ich damals schon die Leitung des Jugendorchesters übernommen. Die Arbeit mit den Kindern ist wundervoll und ich habe schnell bemerkt, wie viel man bewirken kann.” (Musikum)