Ziemlich „tougal“ im „Tännengau“
HINTERGRUND / TENNENGAU / ORTSNAMEN
14/09/18 Bei Trockenheit geht die Taugl, die in die Salzach mündet, in den Untergrund. „tougal“ steht im Althochdeutschen für verborgen und geheim, und das hat dem Bach den Namen eingebracht. Der Göll heißt nach dem slawischen Wort „galu“. Das bedeutet kahl. – Zur Kultur- und Sprachvielfalt in den Ortsnamen des Tennengaus.
Von Stefan Mayer
Tannen gibt es zwischen Salzburg und dem Pass Lueg so manche, nicht mehr aber Tennen, also Dreschplätze. Von letzteren hat der politische Bezirk Hallein den Namen Tennengau erhalten. Die Bezeichnung taucht erst 1874 auf, damals noch mit „ä“ geschrieben. Dieses „ä“ hat 1907 der damalige Landeshauptmann-Stellvertreter August Prinzinger als „sachlich wie sprachlich unmögliche Form“ abgelehnt. Dessen ungeachtet wurde Alt-Landeshauptmann Albert Schumacher zwei Jahre später als „Ritter von Tännengau“ in den erblichen Ritterstand erhoben.
Sprachforscher Ingo Reiffenstein ist im zweiten Band des Historisch-Etymologischen Lexikons der Salzburger Ortsnamen der Herkunft der Ortsbezeichnungen im Tennengau akribisch auf den Grund gegangen. So erfährt man, dass die Betonung auf der letzten Silbe ein Zeichen für einen romanischen Ortsnamen ist, wie etwa der Gollinger Ortsteil Torren oder Vigaun, bei denen ortsunkundige und Navi-Stimmen Gefahr laufen, mit ihrer Aussprache bei Einheimischen für Gelächter zu sorgen.
Eben hinter dem Torrener Berg – richtig ausgesprochen auf der zweiten Silbe – beginnt das bei Naturfreaks und Wanderern beliebte Bluntautal, dessen Name Reiffenstein aus dem Mittelhochdeutschen für „verfinstern“ herleitet. Was angesichts der eingepferchten Lage zwischen Hagengebirge und Hohem Göll nachvollziehbar erscheint. Der 2.522 Meter hohe Göll verdankt diesen Namen seiner unbewachsenen Gipfelregion, die slawische Bewohner mit ihrem Wort „galu“ für „kahl“ bezeichneten. Verborgen ist die Taugl, nämlich vollständig, wenn sie bei Trockenheit im Unterlauf versiegt. Kein Wunder also, dass das althochdeutsche „tougal“ für „verborgen“ und „geheim“ hier die Namenspatenschaft übernahm.
Bis 1249 gibt es schriftliche Belege, dass Hallein früher Mühlbach hieß. Die dortige Saline war danach namensgebend, aus dem deutschen Wort entwickelte sich schließlich Hallein. Der Wortstamm „hall“ steht für Saline zu tun hat. Und wer meint, Hallein am Ende betonen zu müssen, liegt zumindest sprachhistorisch gesehen daneben. Es geht um eine Verkleinerungsform, als „kleines Hall“ unterschied man Hallein von Reichenhall jenseits der Grenze. Die Stadtteile Gamp (von „campus“ für Feld) und Rif (von „ripa“ für Ufer) sind waschechte Römernamen.
Die Gemeinde Krispl darf die Bezeichnung für das „struppige Unterholz“ als namensgebend für sich reklamieren. Kuchl hat dem aus der Talebene aufragenden Georgenberg, lateinisch „cucullus“ Kapuze, seinen Namen zu verdanken. Rußbach, erst seit 1903 als Gemeinde aus Abtenau herausgelöst, bezieht seinen Namen nicht vom schmutzigen Ruß, sondern von der althochdeutschen Bezeichnung für die Ulme, veraltet noch als Rüster bekannt – die Touristiker können aufatmen.
Dass in den Lammer- und Salzachöfen ebenso wie in der Ofenau nicht gebacken wird, sondern dort das Wasser aufgrund der engen Klamm brodelt, ist jedem spätestens nach einem Besuch dort klar. Der Spielberg in Krispl, benannt nach dem Liebesspiel der Birk- und Auerhähne, eignet sich nichtsdestotrotz dank seiner grasbewachsenen Hänge für Familien zum jugendfreien Wandern. (Landeskorrespondenz)
Die Salzburger Ortsnamenkommission wurde im Jahr 1975 gegründet. Im Jahr 2015 erschien in der Edition Tandem der erste Band der Reihe „Das Historisch-Etymologische Lexikon der Salzburger Ortsnamen“ herausgegeben von Thomas Lindner und Ingo Reiffenstein. Er beinhaltet die wichtigsten Toponyme, also Örtlichkeitsnamen, der Stadt Salzburg und des Flachgaus. 2017 folgte der von Ingo Reiffenstein herausgegebene zweite Band, der dem Tennengau gilt – www.edition-tandem.at
Bilder: Land Salzburg/Heinz Lintschinger (1); LMZ/Otto Wieser (1)